Saarkalender für das Jahr 1926
zweiten Sonntage des gleichen Monats alljährlich in der lutheriſchen Kirche zu Ludweiler
das Abendmahl. Bei dieſer Gelegenheit bewirteten die Ludweiler Protestanten ihre
französiſchen Glaubensgenossen mit viel Freude und großer Uneigennützigkeit. Es waren
dieſe Tage ein wahres Volksfest ſür jung und alt Auf dieſe Weiſe kamen die beiden
Kirmesſonntage zuſtande, wie wir sie heute in Ludweiler noch kennen. Als dann die erſte
franzöſsiſche Revolution – die im Jahre 1789 zu Paris ausbrach, –~ bald für alle
Religionsbekenntnisse volle Kultusfreiheit brachte, hörte natürlich nach und nach der
fromme Besuch dieser Ausländer und damit auch die festliche und gaſtfreundliche
Bewirtung derſelben von selbſt auf. Doch die nun einmal entſtandene Dorfkirmes wollte
man aus naheliegenden Gründen nicht gerne aufgeben. Man feierte auch weiterhin in
Ludweiler an zwei aufeinander folgenden Sonntagen die Erinnerung an den frommen
Beſuch ausländischer Glaubensbrüder. Um nun weniger durch des Vorherbſtes häufige
Feld- und Wiesenarbeiten in den Kirmesfreuden gestört zu werden, verlegte man um
das Jahr 1800 etwa die jährliche Hauptkirmes auf den vierten Sonntag des genannnten
Monats JIn unserer Zeit erfolgte erneut eine Verlegung dieses hiſtoriſchen Volksfestes.
Das Karlsbrunn er Jagd ſchlo ß. + Das Jag dglück d es Gänſe-
gr etels von Fechin g en. Auf dem Wege von Ludweiler nach Lauterbach zweigt
links iw Lauterbachtale eine Straße ab, die uns nach Karlsbrunn führt, ein idylliſch
gclegenes, Dörfchen tief im Warndtwalde. War dieſer Waldbezirk schon zur Zeit der
Saarbrücker Grafen deren beliebter Aufenthaltsort zur Zeit der Jagd, so hat Karlsbrunn
auch noch heute seine Naturreize bei vielen Wanderluſtigen nicht verloren. Der vorletzte
Jürſi, der über die Grafschaft Nassau-Saarbrücken regierte, ließ im Jahre 1783, um
auch in: den herrlichen und prachtvollen Warndtswaldungen von Zeit zu Zeit auf einige
Tage sciner enormen Jagdluſt in bequemer und angenehmer Weisſe zu huldigen, in
Karlsbrunn ein Jagdſchloß erbauen. Als Baumaterial dienten vorzugsweise die Steine
der Ringmauer-Ruine von der im s0jährigen Kriege zerſtörten, ansehnlich großen
St Nil:olauskapelle im heutigen St. Nikolas. Aus Polizeirücksichten angeblich ließ er
die Ruinen bis auf das Fundament abtragen, wobei man herrliche und kunſtgerecht
zugehauene Quadersteine gewann, die für den Jagdſchloßbbau ein willkommenes
Material waren. Während der Jahre 1787 bis 1790 hielt Fürſt Ludwig, indem er ſein
ur.d seines Gefolges Quartiere im Karlsbrunner Jagdſchlosse aufschlug, öfters große und
F chr§re Tage hauernve Josrrn yl ven ron rn VU N c UN Becile:
und frühere Bürgerstochter Katharina Keſt von Fechingen nicht selten auf einem ſsitt-
samen Pferde teilzunehmen. Auf einer dieſem dem Wilde gefährlichen Partien trieb man
aus Gefälligkeit gegenüber dem Grafen, der seine Gattin leidenschaftlich liebte, eine
schöne Anzahl von Buſchbewohnern aus dem Rehgeschlechte vor die Fürſtin Katharina,
die bei dieser Gelegenheit vermittels einer Schußwaffe einen stolzen Rehbock mit glück-
licher Hand erlegte. Natürlich veranlaßte dieser berechnete Vorfall im Gehölz einen
gewaltig stürmischen Jubel und bewog den Fürsten Ludwig zu einer ungewöhnlich reichen
Bewirtung der Jagdteilnehmer im Karlsbrunner Schloſſe, wobei Küche und Keller in
reſpektabler Weiſe und in weiter Ausdehnung fleißig ihre Schuldigkeit zu tun nicht im
geringsten verabſäumten. Fürſt Ludwig war auch der letzte Herrſcher des Saarbrücker
Landes, der in dem ſtolzholzigen und wildreichen Warndtwalde Jagdvergnügen genoß,
Zu Ende der französſiſchen Revolution 1798, als unsere Heimat förmlich an Frantreich
abgetreten wurde, wurde das Jagdſchloß eine Domäne der französiſchen Republik und
wie alle staatlichen Gebäude und Besitztümer öffentlich zum Verkaufe ausgesetzt. In
Trier wurde das Schloß verſteigert und gelangte in den Besitz eines Karlsbrunner Bürgers,
des Ackerers und Holzhändlers Peter Klein in Karlsbrunn und wurde am 29. März 1842
in der Amtsstube des Notars Eduard Böcking zu Saarbrücken von dem preußiſchen
Fiskus für 4000 Taler geſteigert.
Sofort wurde das Gebäude zur Dienstwohnung für den zeitigen Oberförster und zwei
seiner Hilfsförster teils eingerichtet, teils umgebaut. Noch heute dient das ehemals fürſt-
liche Jagdschloß dem gleichen Zwecke, indem es von dem ſtaatlichen Oberförſter und einem
Förſter bewohnt iſt; und ist auch heute noch eine der anſsehnlichſten Bauten, die Karls-
brunn aufzuweiſen hat.
Die hiſtoriſche Schmug gelb rü c e. In nördlicher Richtung von dem 1707
gegründeten Ort Karlsbrunn stoßen wir nach einer kurzen Waldwanderung auf das
Warndtdorf Großrosseln, das vornehmilch nach dem Umſturze 1918 eine Berühmtheit
erlangte. Viele Saarländer, auch viele Bewohner des Moſel- und Rheintales werden beim
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