Saarkalender für das Jahr 1926
eine Wirkung auf den Charakter des Menſchen hätte. Das ist natürlich Unsinn, aber da
man das Gift der Pflanze noch nicht kennt, iſt doch beim Umgange mit ihr Vorsicht am
atze. .
Merkwürdigerweise findet man die Bewährungsflanze nur 1m Saargebiet. Daruber
hinaus ist sie noch nicht beobachtet worden. Hier aber wächſt sie faſt überall. Man findet
ſie an Eiſenbahndämmen, in Post- und Schulhöfen, auf Grubenhalden uſw. Beſonders
prächtige Exemplare sollen im Kreiſe Saarlouis und hier in Saarbrücken in der Gegend
des neuen Landgerichts, oberhalb der Polizeidirektion und im Garten der Eisenbahn-
direktion (auch am Homburg sind im vergangenen Jahre Prachtexemplare gesehen worden)
beobachtet worden sein. Viele Leute sollen die Blume zum Ausdruck ihrer ſaarländiſchen
Gefühle (iſt es nicht schön ausgedrückt?) als Zimmerpflanze züchten. Unermüdlichem
saarländischen Forſchungsdrang ist es bereits gelungen, zur Züchtung von Pracht-
exemplaren als Zimmerſchmuck die richtige Düngung der Pflanze gefunden zu haben.
Es handelt sich um einen Kunstdünger mit Namen ,Korrupto-Kompoſt“. Sein wesent-
licher Bestandteil soll in chemiſchreinem Zuſtande hauptsächlich in Rußland vorkommen.
Ob er hier im Handel erhältlich iſt, konnte man noch nicht ermitteln. Im unbesegten
Deutſchland iſt die Ein- und Durchfuhr unterſagt und wird mit allen Mitleln beiämpft.
Man glaubt deshalb. daß der im Saargebiet vorhandene Vorrat für höchſtens zehn
Jahre ausreichen wird, wenn bis dahin die Verhältnisse einer weiteren Einführung un-
günstig bleiben. Ob das als ein Unglück anzusehen ist, kann erst ſpäter beurteilt werden.
Die augenblicklich darniederliegende und aller Mittel fast entblößte deutsche Wiſsen-
ſchaft kann sich der merkwürdigen Pflanze nicht so annehmen, wie es sonſt wohl
geschehen würde. Aber wenn einmal deutscher Forſchungsgeiſt sich hier wieder ungehemmt
betätigen kann, dann wird er zweifellos auch diesem saarlandiſchen Gewächs alle
gebührende Aufmerksamkeit widmen. Die deutſche Wissenschaft der Pflanzenforschung
beschränkt ſich vorerſt nur auf fachkundige Berichte über das Pflänzchen, damit sie zur
gegebenen Zeit über genügendes Material verfügt, um sich dem wisſsenschaftlichen
Problem mit echtdeutſcher Gründlichkeit anzunehmen.
Wo ſtammt nun die Bewährungspflanze her? Dazu kann vorerſt nur geſagt werden,
daß sie mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem in Botanikerkreiſen ſehr bekannten
Blumenzüchter namens Fran z Ooo s erſtmalig kultiviert worden ſein soll, der als
Züchter ſeltener und eigenartiger Blumen hier weit bekannt geworden iſt.
Es , Bauſe-Len“ — (Baſe Helene). Eine robuſte, fleißige Frau aus dem Volke; ſie wohnte auf der
Scheib in Neunkirchen, zog 9 Kinder groß, war überall mit Rat und Tat zur Stelle, wo man ihrer bedurfte.
1. Die Naturſtrümpfe. Eines Tages war ſie gerade dabei, ihrem Manne das Mittageſſen auf die Hütte zu
bringen. Es war Juli, heiß, 32 Grad im Schatten. Die Bas Len hatte ihre wollenen Strümpfe zu Hauſe
gelaſſen, ~ ſeidene Florſtrümpfe gab es damals noch nicht! ~ Als sie oben am Kreuzweg auf der Scheib
an der Bank der alten Penſionäre vorbei kam, rief ihr ein Spottvogel zu: „Ei Bas Len, was hann Ihr
denn do vor ſcheene Stremp an?“ Die Bas Len war nie um eine Antwort verlegen, ſo rief ſie dem alten
Bergmanne zu: ,„Jo Hannes, daß es ä guter Stuff, ſo hann ich noch ä ganzer Anzug.“ Natürlich hatte die
ſchlagfertige Bas „Len“ die Lacher auf ihrer Seite. :
Der Scherz eines Reſerveoffiziers. Vom Generaldirektor H. des Neunkirchener Werkes erzählt man ſich
in Saarlouis folgenden Wit. H. hatte ſchon ſein Iahr als Artilleriſt in Saarlouis abgedient und machte
dort auch seine Reſerveibungen. Er war von Natur witzig, äußerte ſtets offen und frei seine Vieinung,
ſodaß er ebenſo beliebt wie geachtet im Offizierkorps war. Nach einer Reſerveubung – er hatte ſchon den
Zivilrock an — trifft er den Regimentschef im Kaſino. „Na, lieber Leutnant, ich höre, daß Sie ſo gute
Witze machen, alſo geben Sie noch einen zum beſten!“ H.: „„Was iſt für ein Unterschied zwiſchen einer Wüſte
und dem ,Großen Sand“ (Exerzierplatz bei Saarlouis)? ,„In der Wüſte reiten die Menſchen auf den Aamelen
herum und auf dem , Großen Sand“ die Kamele auf den Menſchen!“ Der Oberſt hatte Humor genug, die
bittere Pille lächelnd zu ſchlucken.
Frankreichs Schuhßheilige wird in den im Saargebiet widerrechtlich eingerichteten Schulen besonders ge-
Ü feiert. Ein Freund des S.-K. hatte Gelegenheit, den Aufsatz eines die Domanialſchulen beſuchenden Kindes über
dies Thema zu leſen, der wie folgt lautet: „Die Schutzheilige Frankreichs iſt nicht von weit her, ſie iſt in
Lothringen geboren, wuchs und wurde immer größer. Don Beruf war ſie in Orleans Iungfrau. Dann wurde
ſie ausgemuſtert zu den Soldaten und hat ſich mit den Engländern verſchlahn. Als ſie längſt verbrannt war,
machte Schiller aus ihr noch ein großes Trahma (Drama).
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