Saarkalender für das Jahr 1926
Die Schiffe wurden in Beckingen dem Ingenieur-Park übergeben. Kaum wagte der
Begleitoffizier des Schiffstransportes von der mißlungenen Ausführung seines Befehles
Bericht zu erstatten, da General v. York keine Unmöglichkeit zuk Ausführung eines
Befehles kannte und mit eiserner, ſoldatiſcher Energie jedes Hindernis hinwegleugnete.
Jedoch der General hatte mittlerweile den Widerſtand der Saar mit eignen Augen
kennen gelernt, um diesen mißlungenen Auftrag noch durch Worte des Tadels zu rügen.
Am darauffolgenden Morgen, 10. Januar, herrſchte abermals eine grimmige Kälte.
Die Saar war teilweise zugefroren. Mit den zehn herbeigeschafften Schiffen wollte man
nun zum Brückenbau ſchreiten. Aber die Schiffe waren in der Nacht eingefroren.
Pioniere verſuchten sie aus dem Eisgürtel zu befrcien. Alle Mühen waren jedoch ver-
ßehens. Noch stundenlanger Arbeit ließ man notgcdrungen den Plan einer Schiffs-
rücke fallen.
Es ist eigentlich unverständlich, daß man mit den vorhandenen Schiffen nicht die
Schiffsbrücke bei Merzig über die Saar ſchlug. Ern Ueberſchreiten bei Merzig anſtatt
bet Beckingen hätte keineswegs den ſtrategiſchen Plan geändert, wohl aber geraume
eit gespart.
Nach definitiver Aufgabe der Schiffsbrücke verſuchte man durch Wagen, die man in
die Saar hineinfuhr, Stützpunkte zum Brückenbau zu erlangen. Alle Ackerwagen aus
der näheren Umgebung Beckingens waren hierfür requiriert. Ein Wagen nach dem
andern wurde in die Fluten gerollt und von diesen in reißender Strömung hinweg-
getrieben. Als ultima ratio schritt man nun zur Herstellung einer Bockbrücke. Alle
Pappeln und naheliegender Hochbeſtand wurden gefällt. Ein Bock nach dem andern
wurde in den hochgeſchwollenen Strom hineingetrieben. Meter für Meter ſchritt die
mühsame Konſtruktion der Brücke fort.
Die ſchlesiſche Armee hatte am 9. Januar die untere Saar erreicht und Quartier
in den Ortschaften von Merzig bis Dillingen bezogen. Am 10. Januar ſollte die.
Kavallerie und Artillerie den Fluß bereits überschreiten. Trotz der unvollendeten Brücke
paſſierten dieſe Truppengattungen bei Hochflut und Eisgang in Furten die Saar und
begannen ihren Vormarsch gegen Metz. „Die Infanterie hat Ruhetag, um ihre zurück-
gelassenen Leute heranzuziehen und das Schuhwerk wieder in Stand zu ſetzen“ lautete
der Tagesbefehl vom 10. Januar. Drei Tage währte hingegen die Ruhe. Am 14. Januar
nachmittags 3 Uhr, war der Brückenbau vollendet und der Uebergang fand sofort ſtatt.
Fünf Tage lang hatten die Truppenmassſen der Armeeabteilung York in den
Quartieren gelegen. Alle Lebensmittel der näheren Umgebung der Einquartierungsdörfer
waren aufgezehrt. Das Brennmaterial war bei dem heftigen Froſte reſtlos verfeuert
worden. Die Gemeinde Beckingen reichte dem Oberkommandeur der preußiſchen Truppen,
Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, folgende Liquidation ein:
„Lifferung so die Gemein Beckingen geliffert hatte für die ein quartierung seine
Hoheit dem Durchlauchtigſten Fürsten und Herrn Prinz Wilhelm des preußischen Haus
[f;! seinem Staat gefolge, nebſt dem Durchmarsch der preußiſchen Armee und derer
inquartirung
Artikel 1. Quart Zentner
Für die erſt Huſaren so angekommen seind in Beckingen geliffert
12 Quärten Haber und zehn Zentner Heu... „ «a m c v 6 uziüä 12 10
alſo auch Fleiſch und Brot und das übrige, 1vas die Huſahren begehrt
haben in Lebensmittel Ile.
für die Einquartirung der Lanzen Reuther, Huſahren, infanterisſten
ſamt dem gemelten Hauptquartier und für den Durchmarſch der
Preußischen Arme, so durch Beckingen und derer gegend Marsſchirt
iſt, hat Beckingen geliefert in Haber Hunderisiebzig Quarten 170
Idem Heu Hundertneunzig fünf Zentner 195
Idem in Stroh Tauſend Bünden 1000
Den sten Jenner hat Veckinges. tent ert auf Enſtroff für die Prinz
Preußische Leibwacht Huſaren treizig Quarten Haber 30
Geliffert auf Dillingen für die ZN. hei Injanteriſten treizig Paar 30
Schue und an baares Geld acht Franken 8
geliefert an die preußiſchen Hutarc h Leinwand zwangtzig Ellen Tuch 20
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