Full text: 1925 (0003)

  
Saarkalender für das Jahr 1925 
Heiteres vom BHanargebiet 
nus alter und neuer Zeit. 
Geſammelt und bearbeitet von A. Z. 
S 
„Die ſchwnarz Hchimmelſtut'." 
Nach einer Begebenheit von Th. Vogel. 
Mein Freund, Steiger Wilhelm Erdmenger aus Neunkirchen, liebte Frohsinn und wußte ihn durch | 
manchen Scherz zu erregen. Schön war durch ihn die alte Bildſtocker Bergmannszeit. Auf Grube F. 
war anſangs der 70er Jahre ein Steiger beſchäftigt, der bei allen Kollegen und Untergebenen 
wegen seines gutmütigen und überaus harmloſen Weſens ſehr beliebt war. Durch seine Gutmütigkett 
und Leichtgläubigkeit reizte er aber in hohem Maße meinen Freund Wilhelm E. Dieser traf mit ihm | 
an einem Tage in der Grube zuſammen, an welchem die Zw ei brück er Pferdeélotterie | 
ihren Abſchluß fand. Schon mehrere Tage vorher hatte der harmloſe Steiger N. seinem Herzens- 
wunſche, ein Pferd zu g e winnen , Ausdruck gegeben. Beide setzen sich nieder und halten | 
etwas „Bergamt“. „Ich bin heute so unruhig,“ bemerkte Wilhelm E., „vo n we g en d er Z w e i - 
brüct er Pferdelotterie ! Ach, wie würde ich mich über einen schönen Gewinn freuen!“ ~ 
„Was,“ unterbrach ihn haſtig Steiger N. „Du spielſt auch in dieſer Lotterie?“ ~ „Ja gewiß! Du auch? 
Welche Nummer. hat denn Dein Los?“ ~ „J < h ab e N u m mer 2221 !“ ~ Sofort notierte sich 
Wilhelm ~ denn darum hatte es sich für ihn ja nur gehandelt ~ diese Nummer. Es wurde dann 
noch dies und jenes beſprochen, bis man ſich endlich mit dem freundlichen Bergmannsgruß „Glück | 
auf!“ trennte. Während der Steiger seine Abteilung befuhr, fuhr unser Wilhelm nach ſeiner Dienſt- | 
verrichtung aus, um seine Ränke. weiter zu schmieden. In seinem Büro angekommen, besorgte er 
sich ein Depeſschenformular und fertigte auf demselben folgendes Te le gr am m aus:: „Herrn 
Steiger N. in B. Ihr Los Nr. 2221 hat eine ſ<warze Schimmelsſtute ge- | 
wonnen, welche Sie b ei Vermeidung weiterer Kosten bis morgen a b- | 
zuh o len h ab en. Das Lott eri e k omitee.“ Auf die regelrecht gefaltete Depesche klebte | 
der Schlauberger eine Konſumvereinsmarke (damals den Depeſschenſtempelmarken ähnlich) und sandte 
dieſe um 12 Uhr 2 Minuten nachmittags ausgefertigte Depeſche durch einen Grubenboten an den J 
Steiger N. mit dem Auftrage, dieſem die Depesche, die ihm von einem Eiſenbahnbeamten übergeben 
worden sei, auszuhändigen. – Nach einigen Minuten stürzie Steiger N. aufgeregt und atemlos in | 
die Büros seiner Kollegen mit dem Freudenruf: „J < hann e s < w ar z Schimmelſtut ger 
wonn'! Ich h ann e schwarz Schimmelstut g ew o nn ' !“ Alle Kollegen, die über den | 
Scherz unterrichtet waren, gratulierten ihm herzlich. Unser Hans im Glück lud seine Kollegen für | 
den Lbend zum Leibwirt Schuck (alias Blume), einem der gebildetsſten Wirte der Saargegend, in 
Bildſtock, zu einem Faß Bier ein. Freudig wurde der edle Geber, der Gewinner der ſchwarzen | 
Schimmelstute, bei seinem Erſcheinen begrüßt und frohes Zechen nahm seinen Anfang. Bald nahte 
ſich Schuch unserem Wilhelm mit der vertraulichen Mitteilung, der Inhalt des Fasses sei gleich ver- | 
schrounden. „Donnerwetter,“ sagte Wilhelm, „da muß noch eine Wette zu Stande kommen. Sie, | 
Herr Schuck. sagen Sie dem Steiger N. jetzt ins Gesicht, Sie trauten der ganzen Sache nicht ufw." | 
Gesagt, getan. Da kam der Wirt aber an die richtige Adreſſe. Steiger N. schrie ihn ganz wütend an: 
„Was, Tu dum m er Bay er, Du kann ſcht mer a nix vergunne ! Ich hann die 
schwarz Schimmelstut gewonn, do stehts jo schwarz uff weiß vom Kalbfleisch ~ so las er die unter- | 
ſchrift und so hieß der damalige Stationsvorſteher – unterschrieben. Und wann Du's nit glawe 
willſcho. kannschde jo met mir wette!“ Die Wette wurde perfekt, der neue Stoff wurde gleich auf- 
getragen. In gemütlicher Weise wurden auch diese 50 Liter getrunken. Selig warf sich Steiger N. 
in Morpheus Arme und tauſende ſchwarze Schimmelstuten umtanzten ihn im Traume, während er 
selbſt mit der schönsten schwarzen Schimmelstute stolz wie ein Spanier dahinritt, in der Rechten 
das Los Nr. 2991 emporhaltend. Mit einem täppisſchen Pferdeknecht betrat er am Morgen das 
Obersteigerbüro und bat um einen Tag Url a ub nach Zw e i b r ü ck en zur Abholung der 
Schimmelstute. Der Obersſteiger machte ein ernstes Gesicht, ſah ihn aber dabei gutmütig an: „Mein 
lieder Herr Steiger N.! Haben Sie denn immer noch nicht gemerkt, daß die ganze Geschichte von 
A bis Z ein Schwindel ist! Lesen Sie die Depeſche doch nochmals genau durch. Da steht doch kkar 
und deutlich: „schwarze Schimmelstute“. Und dann sehen Sie sich doch einmal die Unterschrift an 
und die Konsumvereinsmarke!“– –~ ~– Da dämmerte es dem Reingefallenen plötzlich und mit einem | 
kräftigen Bergmannsfluche verließ er erzürnt und tief beschämt das Obersteigerbüro, um sich nach | 
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