Full text: 3.1925 (0003)

| Saarkalender für das Jahr 1925 
  
Vom Kunſtleben im Baargebiet. 
Von Hr. Adolf Raskin. 
Das Bewußtsein der Zusſammengehörigkeit eines Volkes findet seinen beredtesten 
Ausdruck in der Kunst. Die Kunst, vornehmlich diejenige, die in Theater und Konzertsaal 
gepflegt wird, iſt wie kein anderes Bindemittel imstande, die große geiſtige Gemein- 
ſchaft eines so differenzierten Volkes, wie es das deutſche Volk ist, in Zeiten tiefster Not 
und höchster Bedrängnis zusammenzuschmieden und über alle inneren Gegensätze hinweg 
seine wirkliche Einheit bewußt und wach zu halten. Das liegt einmal in der un- 
geheuren Kraft der stolzen Vergangenheit mit ihren Marksteinen deutschen Künſtler- 
tums wie auch in dem allen gemeinsamen Charakteriſtikum der um eine neue Kultur 
ringenden Gegenwart, deren Endziel eine neue geiſtige Blüte sein wird, zu dem hin 
von den verſchiedenſten Wegen in nie verſiegenden Anstürmen vorgeſtoßen. wird. 
Soll das öffentliche Kunstleben eines Landes oder einer Stadt einen Teil dieser 
Bestrebungen versinnbildlichen, so ergeben sich zwei Forderungen, von denen die wahr- 
heitsgetreue Gestaltung der deutschen Mannigfaltigkeit der Kunst in einer kleinen 
Einheit abhängt: Die Pflege der Vergangenheit und die aktive Unterstützung der 
egenwart. 
Wie iſt es nun damit im Saargebiet beſtellt? Für die Physiognomie einer be- 
stimmten Seite des kulturellen Lebens eines Landesteiles ſind Zustände und Ereignisse 
ſeines großstädtischen Kraftzentrums maßgebend. 
und Schauſpielbetrieb und ein städtiſches Orcheſter. In den sührenden Männern. dieſer 
Inſtitute, Er n ſt Martin (Intendant) und Felix Lederer (Generalmusikdirektor) 
fand man die geeigneten und künſtleriſch hochbefähigten Persönlichkeiten, die in 
kürzester Zeit Ergebniſſe von solch hoher Qualität erzielten, wie man ſie kaum für 
erreichbar gehalten hätte. In rastloſem Schaffen erreichte man die geſchlossene geistige 
und künstlerische Einheitlichkeit, in der wir die Wiedergabe einer Reihe großer Meister- 
werke gefunden haben. So lange hier, wie gegenwärtig, der Grundsatz herrſcht, die 
Werte der Vergangenheit auszuſchöpfen und an dem Ringen der Gegenwart aktiv 
teilzunehmen, braucht uns nicht bange um den Erfolg zu ſsein. 
Daß es für eine vorwiegend induſtriell orientierte Stadt wie Saarbrücken mit 
. gquroßen Opfern verbunden ist, einer ſolchen. Tat das wirtschaftliche Fundament zu geben 
und zu sichern, verpflichtet uns alle zu größter Dankbarkeit und muß uns veranlassen, 
ſoweit es dem einzelnen möglich iſt, mitzuhelfen, das Geſchaffene zu erhalten. 
Wie überall nach dem Krieg, sſo wurden auch in Saarbrücken und dem ganzen 
Saargebiet als Ausdruck des Kunſtbedürfnisses weiter Kreiſe Ortsgruppen des Bühnen- 
 volksbundes und der Freien Volksbühne gegründet, die ſich durch die Verbreitung 
guter Kunstwerke in künſtleriſch vollauf befriedigenden Aufführungen im ganzen Lande 
eine zahlreiche Anhängerschaft sicherten. 
Der zähen Arbeit einer Reihe von Männern unter Führung des Stadtſchulrates 
und von ernsten künſtleriſchen Plänen getragene Organiſation des Saar-Sängerbundes. 
Mit einer Gesamtmitgliederzahl von rund 26 000 ſtellt er eine Kulturgemeinde dar, die, 
von den edelsten Ideen getragen, in der muſikaliſchen Volkserziehung ausgezeichnetes 
leiſtet. Wer die Bundes-Zeitschrift verfolgt, wird hohe Erwartungen übertroffen ſehen – 
ſo bewußt und zielvoll bereitet sie den Boden. für eine über Einzelheiten die große 
Linie universeller Musikerziehung nicht vergessende fruchtbringende Arbeit vor, und 
das bereits Erreichte läßt für die Zukunft berechtigte Hoffnungen hegen. 
ê Anerkennenswerte Leiſtungen erzielten auch die beiden gemiſchten Chöre der 
„Harmonie“ und der „Ge sell \ cha f t der Mu ſik freun d e “. Die „Harmonie“ 
stattfanden, verdient, und erzielte besonders in der Aufführung der F-moll-Messe von 
A. Bruckner einen glänzenden Erfolg. Die „Gesellſchaft der Musikfreunde“ unter der 
Leitung Cor m a n n' s trat mit Bachs Matthäuspassion wirkungsvoll in die Schranken. 
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Die Stadt Sa ar b rü < e n hat seit zwei Jahren ein eigenes Theater mit Opernn 
Hans Bongard und des Rektors Walter Stein verdanken wir die glängennſe 
machte sich um die Choraufführungen, die im Rahmen der Sinfoniekonzerte Ledereee..
	        
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