Saarkalender für das Jahr 1925
Ein unfreiwilliger Ausflug
von Baanrbrücken in die Pfalz vor 130 Jahren.
Im Jahre 1798 hatten die Bewohner der: Städte Saarbrücken und St. Johann
mit großer Mühe die Zwangsanleihe von 1 Million Franken aufgebracht. Aber damit
war der französſiſche Gereraldomänendirektor Bella noch nicht zufrieden. Am Ende des
Jahres 1795 verlangte er von den Städten die Zahlung einer Summe von annähernd
4000 Gulden, weil sie diese Summe ,zur Zeit des Tyrannen“ in zwei Jahren hätten ent-
gcrichten müſſen. Da die Vertreter der Bürgerſchaft sich außerſtande erklärten, dieſe
Summe aufzubringen, ſo wurden acht Bürger, nämlich aus jeder Stadt zwei Mitglieder
des Stadtgerichtes und zwei andere Bürger verhaftet und als Geiseln in das Haupt-
quartier des franzöſiſchen Kommandierenden Generals durch einen Kondutteur, drei
Dragoner und zwei Chaſseurs nach Herxheim bei Landau gebracht. Es waren die Bürger
YAngquſt Reuther, Ludwig Zix, Balthasar Karcher, Friedrich Eichacker, Thomas Köhl fen.,
Konrad Forberg, Samuel Kleber und Bingert. Die Reise ging, weil der direkte Weg
durch die Pfalz wegen der Kriegsereigniſse nicht ſicher war, zunächſt nach Saargemünd,
nwo für Essen und Nachtquartier 88 Franken bezahlt wurden. Hier ließen ſich die Geiſeln
eine französische Petition, vermutlich an den Kommandiereaden General, aufsetzen, für
die sie 4,10 Fr. erlegen. Hier wurden von dem Kondukteur die drei Dragoner
gurückgesandt, deren Geleit jetzt überflüssig erſchien. Sie erhielten 18 Franken Trinkgeld.
Am nächsten Tage kam man bis Bitsch-Rohrbach, wo man füttz1s8 Franken zu Mittag
ſpeiſte. In Bitsch wurde übernachtet und 148 Franken für Nachtquartier und Verpflegung
bezahlt. Ein Pfund Tabak für die Reiſegesſellſchaft kostete 2,05 Franken. Außerdem
wurde für 14,15 Franken Brot und Käse für die weitere Fahrt mitgenommen. Die zwei
Chaſsſeurs, die von hier zurückgesandt wurden, erhielten 48 Franken Zehrgeld. Der
nächſte Raſtort war Steinbach, wo das Mittagessen 42 Franken kostete, für Nachtquartier
und Verpflegung in Weißenburg wurden 110 Fr. bezahlt. Da man jetzt dem Reiseziel
nahe war, ließen ſich die Herren raſieren und, ſoweit noch Haarwuchs vorhanden, frisieren.
Ein Advokat setzte ihnen eine Petition an den Repräsentanten Rivaud auf, für die sie
H9 Gulden bezahlten. Dann gelangten die Reiſenden über Langenkandel. wo ſie für
46 Franken zu Mittag speiſten, nach Herxheim, wo sie für 49 Franken übernachteten
und dem Kommandierenden General vorgesſtellt wurden. Dieser entließ sie gegen das
Versprechen, die geforderte Zahlung zu leisten, und sie konnten nun auf demſelben
Wege die Rückreiſe antreten. In Großrederchingen mußten sie sich „refraichieren“ und
kamen dann über Saargemünd wieder in Saarbrücken an. Für Ausbesserung und
Schmieren der beiden Wagen hatten sie 12 Franken bezahlen müssen, für zwei neue
iittèôóttoeIelſſ.cſ . IIS...
21 Franken gegeben. Die Gesamtkoſten der Reise beliefen sich auf 1054 Franken oder
483 Gulden 9 Kreuger, die aus der Kriegsunkosſtenkaſſe der Stadt bezahlt wurden.
Natürlich mußten nun auch die 4000 Gulden erlegt werden. Ein besonderer Genuß
î ar wohl diese achttägige Reiſe nicht, da es Mitte Degember war. doch vielleicht hat dies
die qute Laune der Teilnehmer nicht beeinträchtigt.
„Bürger" Bernard.
Commissaire du Direectoire. exécutif des Kaintons Saarbrücken.
Von A. Z.
„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit‘:! waren zur Zeit der großen franzöſiſchen
Revolution die Schlagworte, die jede Gewalttat mit einer Gloriole versehen mußten, wie
heute etwa die Parole: Demokratie und Selbſtbeſtimmung. Worin die sog. französische
îYGBrüderlichkeit ihren Ausdruck fand, erlehten die Bewohner des Saargebiets zu ihrem
Schrecken sehr bald. Das ganze Theater galt der Ausplünderung und Rechtloſigkeit, die
schließlich das Wort des widerwärtigsten aller Volksrepräsentanten, des Gauners
Ehrmann, bewahrheitete: „Euch sollen nur die Augen bleiben, euer Geschick zu beweinen!“
Wohl wurden die alten Feudalrechte (Fronden, Zehnten, Leibeigenschaft) aufgehoben.
aber ein Steuerſtrauß von den Franzoſen dem Saarrevier beschert, der Land und Leuten
den lekten Heller abpreßte. Die Grundſteuern betrugen ein Viertel des Reinertrags,
.