Saarkalender für das Jahr 1925
Um die Deutſcherhaltung des Banargebiets.
Der Bund und die Geſchäftsſtelle Banr-Verein".
Von Richard Poſfſselt.
Das Saargebiet müßte nach dem Geiſte des Völkerbundes das bestverwaltete Gebiet
der Erde, das Muſterland demokratischer Selbstverwaltung sein. Was der Uebereifer
französischer Militariſten während des Waffenſtillſtandes an Unrecht und Schaden an-
gerichtet, hätte, so sollte man glauben, die Völkerbundsverwaltung im Saargebiet um-
gehend wieder gutmachen müssen. Der Völkerbund hätte im Saargebiet zu Beginn. seiner
praktiſchen Arbeit gleichſam die Probe seiner Vollkommenheit auf dem Gebiet der Ver-
tzlturgedeimonratie hinsichtlich seines Gerechtigkeitsempfindens und seines Rechtswillens
ben n.
.. Es war in der Tat manches gutzumachen. Sagt doch die Regierungskommission. in
ihrer Proklamation vom 26. Februar 1920 ausdrücklich: „Es iſt ihr keineswegs ent-
gangen, daß während einer allzulangen Periode des Uebergangs und unfertiger Ver-
hältnisse ansehnliche Interessen gesch äd igt wurden.“ Aber ſchon damals fiel
es auf, daß die „Schädigung ansehnlicher Interessen.“ durch die Besetzung zwar von der
Regierungskommission anerkannt wurde, daß die Proklamation aber nichts darüber ent-
hielt, ob und inwieweit dieſe Schädigungen beseitigt, gemildert oder entschädigt werden
sollten. Mit dem Aufhören dieses Besatzungsregimes haben diese Schädigungen ansehn-
licher Interessen keineswegs aufgehört. Man erinnere sich der unberechtigten Eingriffe
der Besatzung in die deutſche Verwaltung, in die Selbſtverwaltung der Gemeinden, be-
sonders in die damals noch außerordentlich wichtige und empfindliche Lebensmittel-Ver-
sorgung durch die Gemeinden. Man denke an die Presse und deren rücksichtsloſe Knebe-
lung, an die Ueberfremdung der saardeutſchen Induſtrie mit ihren recht eigenartigen
Nebenumſtänden und vergegenwärtige sich alle Ausweiſungsmaßnahmen und ihre be-
sonderen Begleitumstände vor wie bei dem Völkerbundsregime und überblicke vier Jahre
„Völkerbundsarbeit“ an der Saar, dann wird man begreifen, daß ſich außerhalb des
Saargebiets alle Saardeutsſchen und Saarfreunde zuſammengeschloſſen. haben zu der
. Organiſation Bund „Saar-Verein“, Vorsſitzender Oberlandesgerichtsrat An d r e s - Num- |
burg mit der Geſchäftsſtelle „Saar-Verein“, Verwaltungsdirektor Th. Vogel- Berlin, |
S. W. 11, Königgrätzerſtraße 94. Der Bund zählt gegenwärtig bereits 70 Ortsgruppen mit
über 10 000 Mitgliedern. Beigetreten ſind ihm u. a. auch 400 Städte, Landkreise, öffent- | .
liche Körperſchaften, Vereine uſw. Daneben erscheinen noch über 2000 Einzelmitglieder
in zahlreichen Orten des Reiches. Nur ein Ziel verfolgen alle, die verbrieften Rechte des |J
Saargebiets gegen. jede Vergewaltigung zu verteidigen. Wer will uns das Recht hierzu
streitig machen angesichts der Tatsache, daß die Regierungskommission die von dem
damaligen französischen Major Richert in Saarbrücken is Leben gerufene französiſche
Propagandaſtelle mit all ihrem Spitzel- und Denunziantenwesen unbehelligt bestehen
und ſie nach Richerts Strafverſetzung durch ihn zu dem sogen. „Saarbund“ ausbauen
läßt? Befindet ſich in der Saarregierung auch nur e i n e Persönlichkeit, die innerlich
davon überzeugt iſt, daß der „Saarbund“ eine aus der Bevölkerung herausgewachsſene
„Bewegung“ wäre, daß der von Major Richert gegründete „Saar-Kurier“ ein deutsches
Presseerzeugnis iſt? Wer in der Regierungskommission sollte nicht wissen, daß die
Organisationen Richerts keinen anderen Zweck haben als eine nachträgliche vertrags- |F
und rechtswidrige Annexion des Saargebiets durch Frankreich? Und wir sollten nicht
das Recht und die Pflicht haben, gegen dies der Heimat drohende Unrecht anzukämpfen? |
Wir haben nichts getan, was dem Rechtsgrundsatz, dem Saarſtatut zuwiderläuft. Die
Regierungskommission iſt bis auf den heutigen Tag die Begründung für unsere Aus-
r se schuldig geblieben. Oder will sie sich dahinter verstecken, die Ausweisungen |
ſeien von der franzöſiſchen Besatzung ausgegangen? Sie würde sich damit einer
röblichen Verletzung ihres Auftrages vom Völkerbund ſchuldig machen, der i h r die
rwaltung des Landes und die Sicherung der Rechte und der Wohlfahrt der
Bevölkerung übertragen hat. ;
Weil uns der deutſche Heimatboden an der Saar heilig iſt und weil wir am eigenen
Leibe erfahren mußten, daß die dem Saargebiet und seiner Bevölkerung verbrieften
Rechte nicht beachtet und geschützt werden, deshalb haben wir uns im Bund und in
der Geſchäftsſtelle „Saar-Verein“ zuſammengeſchloſſen. Nicht, wie es von gewisser Seite
hingeftetlt wird, um geheime Beſtrebungen gegen die Saarregierung oder gegen den
erſailler Vertrag zu betreiben, sondern um dem deutschen Volke und der Welt an
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