Saarkalender für das Jahr 1924.
franzöſiſche Kinder und die Beſeitigun
solcher Schulen, die nicht Volks- oder Tech-
niſche Schulen sind.
Die katholische Geiſtlichkeit des Dekanats
Saarbrücken erklärt sich gegen die fran-
zöſiſchen Schulen. In dem Entschluß heißt
es u. a.: „Wir ſind der Ueberzeugung, daß
die französſiſchen Schulen sich zu einer
schweren Gefahr für die deutſchen Schulen
auswachſen werden. Deshalb sehen wir
uns veranlaßt, aus Gewiſsenspflicht auch
gegenüber unserer deutſchen Saarheimat
und ihrer Bevölkerung, Kinder und Eltern
vor dem Beſuch der franzöſiſchen Schule zu
warnen.
Febr.: In dem 13. periodischen Bericht der
Regierungskommission über die Lage im
Saargebiet wird u. a. erklärt: „Die ganze
wirtschaftliche Zukunft des Saargebiets
hängt von der Währung ab, und in den
„ Kommenden Monaten wird für dieſe Frage
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eine Löſung gefunden werden müſssen.“
Febr.: Die „Saarbrücker Zeitung“ wird von
der Rheinlandkommission in Coblenz auf
die Dauer von drei Monaten für das be-
setzte Gebiet verboten.
. Febr.: Protest der politiſchen Parteien des
Saargebiets gegen die am 6. Januar er-
folgte Beurlaubung des in saarländiſchen
Diensten stehenden Berghauptmanns Frantzen
nach dem Ruhrgebiet.
Febr.: Die Regierungskommission weiſt den
1. Geſchäftsführer der hiesigen Geſchäfts-
ſtele des Gewerkſchaftsbundes, Walter
Großmann, aus. Er muß innerhalb 24 Stun-
den das Saargebiet verlaſſen. In Presse
und Bürgerschaft Erregung über die Aus-
weiſung.
Febr.. In Stadtratsſizung Saarbrücken
stellt Bürgermeiſter Dr. Neikes fest, daß
im Etat ein durch Steuern zu deckender
Fehlbetrag von B3 476 887 000 Mk. und
3 735 100 Fr. beſteht.
Febr.: Beginn des Prozesses des Miniſters
Hector gegen die „Saarbrücker Zeitung“,
. die den Minister des Landesverrats und
‘“ liche
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Betrugs bezichtigt hatte. Die Beleidigungen
erfolgten in einem Artikel über die Be-
ſchwerde der politiſchen Parteien gegen
Hector, die ihm vorwarfen, eine wirtſchaft-
Eingabe des Stadtverordneten-Kol-
legiums von Saarlouis in eine Loyalitäts-
erklärung für Frankrerch umgefälscht zu
haben. In der großes Aufsehen erregen-
den Gerichtsverhandlung macht sich der als
Zeuge vernommene Kläger eines Falſch-
eides schuldig und gerät mit seiner Sache
in solche Bedrängnis, daß er seine Klage
zurückziehen muß.
Febr.: Die Friſt für den Rücktritt der in
französiſchen Dienſt beurlaubten Beamten
der ehem. preußiſchen Staatsgruben an der
Saar wird vom preußiſchen Staats-
]!!!!!erimn bis zum 31. März 1924 ver-
ängert.
Febr.: Von den Kanzeln der kath. Kirchen
des Saarreviers wird ein Hirtenbrief des
Biſchofs Dr. Bornewaſsser von-: Trier ver-
lesen, in dem es u. a. heißt: „Ein großer
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Teil der kath. Kinder hat die bewährte,
nach dem Friedensſchluß von der Regie-
rungskommission des Saargebiets ürdber-
nommene und unter ihrer Leitung ſtehende
katholiſche, konfessionelle Volksschule ver-
laſſen und iſt in andere Volksschulen ein-
ßt!:;!h Ich bedauere das von ganzem
erzen . ..“
Es folgt hier auch der Biſchof von Trier,
nachdem sich Eltern, Gewerkschaften, Lehrer
und Geiſtliche ebenfalls gegen die fran-
zösiſchen Laienſchulen ausgeſprochen haben.
Sie alle fordern das Recht des Saarvolkes
auf die vertraglich gewährleiſtete deutsche
Schule.
Febr.: Frank 1390. — Kartoffeln 12 Cts.
das Pfd., Ochsenfleiſch 3800 Mk., Schweine-
fleiſch 55,50 Fr., Leberwurſt 3000 Mk.,
Speck 4 Fr., Eier 50-60 Cts., Dosenmilch
1,75 Fr. :
3. März: Das Wolff-Büro meldet: Dr. Hector
hat der Regierungskommission mitgeteilt,
daß er durch ſeinen Gesſundheitszusſtand ver-
Ö hindert sei, sein Amt als ſaarländiſches
Mitglied der Regierungskommission aus-
zuüben. Gemäß den Jnſtruktionen des
Völkerbundsrats vom 13. 2. 1920 wurde
Land, ehem. Landrat des Landktkreiſes Saar-
louis, als stellvertretendes ſsaarländiſches
Mitglied der Regierungskommission be-
zeichnet.
Dieſe Ernennung Lands , wird von der
Bevölkerung mit Befremden aufgenommen.
Er wird als ungeeignet begeichnet.
„Lothr. Volksztg.“ veröffentlicht eine
Verordnung der Regierungskommiſsion über
Einführung des Franken als gesetzliches
Zahlungsmittel im Saargebiet. Die ſsſaar-
ländiſche Preſſe nimmt Notiz davon, worauf
die Regierungskommission am 4. März er-
klärt, sie stände dem Artikel des lothring.
Blattes fern, der Text decke ſich allerdings
mit ihrem Verordnungsentwurf.
5. März: Presse ſtellt im Kampf um die deutſche
Schule gegen Oberregierungsrat Notton feſt,
daß 200 französiſche Schulklassen im Saar-
gebiet die deutsche Schuljugend dem Deutſch-
tum ſyſstematiſch entfremden. Druck auf
Leute, die in Wohnung und Arbeit von
Gruben abhängig ſind. Folgen Beorderung
von Mietern auf Inſpektionen. Ueberdies
Belohnungen: freie Bücher, Ranzengeld uſw.
Die Konferenz der vereinigten Kreis-
ſynoden von Saarbrücken und St. Johann
nimmt gegen die Errichtung der franzöſi- *
schen Schulen im Saargebiet eine Entſchlie-
ßung an, in der es u. a. heißt: „Wir halten
daran fest, daß das Kleinod unserer be-
währten Volksſchule nicht angetastet wer-
den darf, aber durch die Errichtung der
ganz anders gearteten französiſchen Schulen
ernstlich gefährdet iſt. Nicht nur unsere
ev. Gemeinden und unser ev. Volkstum,
ſondern auch der Charakter unserer Kinder
und ihr religiöſes Heimatgefühl sind be-
droht“. –~ Die ev. Geiſtlichen lehnen die
Erteilung des Religionsunterrichts an die
Kinder französischer Schulen unbedingt ab.
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