Saarkalender für das Jahr 1924.
pſeife, oder gar Friedrichs des Großen Schnupftabaksdoſe oder sein Krücksſtock auf
hiſtoriſchen Bildern je Anſtoß erregt hätten. Aber: der gute Menſch in seinem dunklen
Drange war hier des rechten Weges sich doch wohl nicht bewußt, und die Herren
Geheimräte bestanden auf Beseitigung der Zigarrenspitze. An der Porträtfigur Moltkes
wurde getadelt und beanstandet, daß der linke Aermel ſeines loſe umgehängten Paletots
etwas vom Körper abfliegt, was in freier Luft durch den Wind oder durch Bewegungen
des Körpers veranlaßt, ja vorkommt, was hier aber nicht ſtatthaft sein ſollte. Die
Herren waren eben um die Pflege des monumentalen Stils sſorgſam bemüht, was, alle
Anerkennung verdient, und nach dem Vorgange mit den Kieler Universſitätsbildern und
dem diesmaligen Gutachten ſchien jedenfalls auch System in der Sache zu liegen.“ (Die
Entwürfe des Meiſters für Kiel waren auch von der Landes-Kunſt-Kommiſſion be-
anstandet worden und gelangten deshalb nicht zur Ausführung.) „Nun hieß es gar in
dem mir zugesandten Protokoll über diele Besprechung, ich hätte mich dazu bekannt,
daß ich, durch meine Naturſtudien an Ort und Stelle veranlaßt, weiter gegangen sei,
als es im Interesse einer monumentalen Verherrlichung des Feldzuges liege. Eine ſolche
Aufgabe war mir aber gar nicht geſtellt worden und das Wort „monumentale Verherr-
lichung des Feldzuges“ war in unserer Beſprechung auch nicht gefallen. Ich unter-
zeichnete natürlich das Protokoll nicht, und es gab noch viel [Schreiberei. Merkwäürdiger-
weiſe war an dem allegoriſchen Bilde nichts beanstandet worden, die anderen waren
en!ſprechend dem im Dezember vom Minister v. Michler erteilten Auftrage, „mit
hiſtoriſcher Treue, namentlich auch rückſichtlich der Perſonen“ behandelt.
Ich kam trotzdem den Sonderbarkeiten der |Kommissions-Kritik soweit es mir
möglich war, entgegen, ohne am Sturm auf den Spicherer Berg oder an Moltkes
Paletotärmel etwas zu verändern, versetzte nur die hiſtoriſche Schulzenkathrin zu den
Figuren auf der anderen Seite der Straße, gab dem Pringen Friedrich Karl statt der
Zigarrenſpitze einen Stock in die Hand“ (seinem Unmut hat der Meister dadurch Aus-
druck gegeben, daß er auf dem Bilde zu Füßen des Prinzen eine eben weggeworfene
Zigarre anbrachte), „und überließ es der Zukunft, darüber zu entscheiden, ob damit dem
monumentalen oder dem hiſtoriſchen Stile geholfen war.“
Am 8. August 1880, zur Feier des zehnjährigen Gedenktages der Schlacht am
Spicherer Berge, wurde der neue Rathausſaal in Saarbrücken feierlich eingeweiht. Der
8. Auguſt war gewählt worden, weil es ein Sonntag war.
. Die Bewohner von Saarbrücken werden es dem Meister Anton v. Werner Dank
wiſſen, daß er die Rathausbilder nicht in einem geſpreizten, monumentalen Stil gemalt,
ſgyre:: lepeyswahre Gestallen aus dev Saarbrücker Bürgerschaft der Nachwelt
berliefert hat.
Alte Brücke mit Kaiser-Wilhelm-Denkmal.
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