Full text: 1924 (0002)

  
  
Saarkalender für das Jahr 1924. 
Zur fürſtenzeit. 
Aus dem Stadtarchiv Haarbrückens. 
Die Saarbrücker Fürſtenzeit und damit der Aufschwung der Städte Saarbrücken 
und St. Johann wurde eingeleitet durch den Regierungsantritt des Fürſten W il h e l m 
Heinrich i. J. 1741. Dieſes Ereignis wurde der Bürgerschaft beider [Städte damals 
in folgender Weise kundgegeben: 
Nachdem der durchlauchtigſte Fürſt und Herr, Herr Wilhelm Heinrich, Fürst zu 
Nassau, Graf zu Saarbrücken und Saarwerden, Herr zu Lahr, Wiesbaden und 
Itzſtein, des Sti Huberti Ordens Ritter, Unser gnädigster Fürſt und Herr, ſich 
gnädigst entſchloſſen, die Landesregierung mit noch zur Zeit ausgesetzt bleibender 
gewöhnlicher Huldigung nunmehro ſelbſt anzutreten, also bleibt es denen Gerichten 
beyder Städte zu dem Ende hierdurch ohnverhalten, damit sie für sich nächſt- 
künftigen Freytag den Z3ten dieſes des Morgens umb 8 Uhr bey Fürſtlicher 
Regierung sich einfinden und sodann höchſtgnädiger Ihro Hochfürſtlichen Durch- 
Tlaucht weiter gnädigste Willensmeinung in mehrerem vernehmen mögen.“ 
Saarbrücken, den 1. Martii 1741. 
Hochfürſtliche Regierung daſelbſt. 
Als der Erbprinz Ludwig im Jahre 1766 seine junge Gemahlin, die Prinzeſsin 
Wilhelmine von Schwarzburg-Rudolſtadt, heimführte. wurde das junge Ehepaar im Saar- 
brücker Lande außerordentlich festlich empfangen. Den Offizieren der Saarbrücker und 
St. Johanner Bürger-Kavallerie und Bürger-Infanterie, sowie den Offizieren der Hand- 
werksleute und jungen Leute und den Konſtablern beider Städte wurde folgende 
„resolutio Serenissimi“ mitgeteilt: 
1. „Die Saarbrücker und St. Johanner Kanonen werden bey der Ankunft der 
Herrſchaft ebenso losgefeuert, wie und zu welcher Zeit es das vorige Mal (bei dem 
Enpfong y- Erbprinzen nach seiner siebenjährigen Abwesenheit am 17. Auguſt 1766) 
geſchehen iſt. 
2. Alles paſſiert durch St. Johann und durch die neue Straße (Wilhelm-Heinrich- 
ſtraße) zu Saarbrücken,. wie der letzte Marche geschehen iſt. 
3. Die Infanterie stehet in denen Gassen, wie es auch letzthin gehalten worden; 
aber keine Buben und Handwerks-Purſche sollen unter dem Gewehr l|eyn. 
4. Wann die Herrſchaft abgeſtiegen iſt, defilieren die sämtlichen Truppen im Hof 
adû. Die zwey Kavallerie-Kompagnien von der Stadt ſtellen ſich in den vorderſten Schloß- 
hof links und rechts, und jede Kompagnie feuert nur einmal. Die beyden Infanterie- 
Stadtkompagnien rangieren sich, die eine vor's Kutſchenhaus und die andere auf dem 
Platz gegenüber und feuern ebenfalls jede nur einmal, und marchieren zu ihren Capitains. 
nachdem sie im Schloß aufgezogen waren. j 
Die Kreiskompagnie bleibt an den Wacht, doch ohne Gewehr. stehen, und zwei Poſten 
bleiben am Tor, wenn die Kompagnien abziehen. : 
g:; Dey. g Abezd beym Nachteſſen wird allen rechtlichen Personen erlaubt, in dem 
großen Sa eiſen zu sehen. 
6. Den Her Taz, h:! 12 Uhr, kommen sämtliche Stadt-Offiziere und die beyden 
Magiſtrate und machen der Prinzeß in ihrem Vorzimmer ein kurz Kompliment. 
7. Den Abend ist wieder Souper, wo alle rechtlichen Personen wiederum zusehen 
können, Feuerwerk und Ball in lauter Domino von allen Farben, sowohl Manns- als - 
Weibsperſonen. Und so wird es in Zukunft mit denen Bällen gehalten werden, daß 
keine anderen Masquen erſcheinen als Domino.“ Ö 
Zwei Jahre später übernahm Fürst Ludwig nach dem Tode seines Vaters die 
Regierung. Das Verhältnis zu seiner Gemahlin wurde dadurch getrübt, daß ie an den 
Blattern erkrankte und dadurch entstellt wurde. Als die bei der Bürgers ſehr be- 
liebte Fürſtin i. J. 1774 geneſen war, fand die Freude darüber ihren Ausdruck in 
foigender Niederschrift: 
„Actum, den 10. Juni 1774 bey gemeinſschaftlichem Stadtgericht. 
Wurde bey gliicklicher Genesung unserer durchlauchtigſten Fürſtin und Landes- 
mutter von den Blattern zur untertänigſten Freudenbezeugung von dem Stadtgericht 
und Bürgerschaft beyder Städte Saarbrücken und St. Johann unter gnädigster Ge- 
nehmigung unseres regierenden Fürſten Durchlaucht beschloſſen, bey dem Hofjuwelier 
  
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