Saarfalender für das Jahr 1923
Marktplatz in Saarbrücken 3 (St, Johann).
Geſchichte des Sanrgebietes.
Don Prof. Ruppersberg.
Das auf 15 Jahre, der Verwaltung des
Völkerbundes unterſtellte Saargebiet beſteht
aus preußiſchen und bayeriſchen Gebietsteilen,
die bis zur franzöſiſchen Revolution eine
Reihe von weltlichen und geiſtlichen Serr-
jhaften bildeten. Ein geſchichtlicher Ueber-
blik über dieſe ehemaligen politiſchen Ver-
hältniſſe der Saarheimat wird vielleicht
manchem Leſer des Saarkalenders will-
kommen jein.
1. Die Grafſ<aft und die Stadt
Saarbrücken.
Die ehemalige Grafſchaft Saarbrücken,
welche ven Hauptteil des Saavgebietes bildet,
iſt aus dem untern Saargau entſtanden, Die
Gaugrafen waren königliche Beamte, deren
Hauptaufgaben die Rechtspflege, das Auf-
02vot und die Führung des Heerbannes und
ie Auſſiht über die Königsgüter ihres
Baues waven. Das Grafenamt wurde aus
den veichſten und vornehmſten Familien des
Gaues beſeßt und erſcheint ſchon im elften
Jahrhundert als eine erbliche Würde. ,Im
Jahre 1080 verlieh König Heinrich IV, ſeinem
getreuen Sigebert, Grafen des Saaryau-s,
den Königshof Wadegozingen (Wadgaſſen).
Deſſen Söhne, Sigebert 11. und Friedrich,
nannten ſich nach der Burg Saarbrücken,
die von Koaiſor Otte 111. i. J. 999 dem Biſchof
Gn ee
von Metz geſchenkt und von dieſzm als Letßen
zen Grafen des Saargaues übertragen
worden war, Grafen von Saar-
brücken.
Man unterſcheidet drei Grafenhäuſer:
1. Das ſogenannte Ardenniſche Haus (1080
bis 1274), 2. das Haus Saarbrücken-
Commerey (1274-4381) und 3. das Haus
Naſſau - Saarbrücken (1381-1793)... Graf
Johann 1. verlieh im Jahre 1321 der
Stadt Saarbrücken und 'dem Dorf St.
Johann einen Freiheitsbrief. Bei der Kreis-
einteilung (1512) wurde die Grafſchaft dem
oberrheiniſchen 'Kreis zugeteilt. Fünf Jahre
vorher hatte Graf Johann Ludwig durch
Heirat die Grafſchaft Saarwerden (im
Elſaß) erworben. Im Jahre 1575 wurde
durc) den Grafen Philipp 111. von Naſſau-
Weilburg in Saarbrücken diie Reformation
enngeführt. Graf Ludwig (1602-1627) ver-
einigte alle Länder des WalramiſFHen
Stammes: in ſeinex Hand, baute ein präch-
tiges Schloß und ſtiftete 1604 das evange-
liiche Gymnaſium in Saarbrücken. Im
309 ährigen Krieg hatte die Saargegend
ſGwer zu leiden. Im Jahre 1673 rück-
ten franzöſiſche Truppen ein und biel-
ten das Land bis zum Jahre 1697 bes
ſ28t. Graf Guſtav Adolf fiel im Kampfe
aegen die Franzoſen; ſeino Witwe, Gräfin
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