Saarfalender für das Jahr 1923
III
Nur keine Verwechſelung mit gewöhnlichen Leuten!
Ein vergnügliches Lächeln war dem alten Meßgermeiſter Danſauer in Saarbrücken immer wieder
abzugewinnen, wenn man ihn an die Kontrollverſammlung von 1875 erinnerte. Die Mannſchaften
waren auf dem Ludwigsplaß in Saarbrücken angetreten, und der Bezirksfeldwebel rief die Namen auf.
Alle klangen gut bürgerlich, nur einmal hieß e8: „Herr von Borner!" =- Das ſchlagmäßig geantwortete
„hier!“ ſtote beim Aufruf des Namens „Freyberg!“ Aber Freyberg war doch da, ſeine Nachbarn
ſtießen ihn derart unſanft an, daß ſelbſt der Bezirkskommandeur ſchnarrend dazwiſchenfuhr: „Zum
Donnerwetter, warum meldet ſich der Kerl nicht?" „Ich heiße nicht Freyberg, ſondern bin Herr von
Freyberg und zwar mit demſelben Recht, wie der Herr Regierung3aſſeſſor von Borner! Unſere beiden
Urgroßmütter hatten denſelben Rang und Stand bei dem lekzten Fürſten und wurden ſchließlich. durch
hochfürſtliche Gnade noch geadelt.“ „Was iſt denn das für eine Geſchichte!" brummte der Bezirks-
kommandeur, aber das Militär hatte doh auch bei dieſem Adel Reſpekt; der Allgewaltige ſagt begütigend
„Treten Sie vor, von Freyberg!“
Stadtväter unter ſi<. Als Dr. Neff no< Bürgermeiſter von St. Johann war, pflegten ſich die
Stadtväter nach anſtrengenden Sizßungen im „Rhein. Hof“ zu erholen. Wichtige Sachen wurden dann
noch einmal bei einenr Glä8hen Wein in Ruhe beſprochen. „Nu rede m'r ſchun“, ſagte bei ſolcher
Gelegenheit der Stadtverordnete R., „in meh' als zwei Sizungen immer nure vun Amortiſation un
nix als Amortiſation! I< meen', '3 wär als geſcheidter, man würde endlich ämol dodevun jAnwähe,
wie m'r die Schulden der Stadt allmählich abtrage könne.“ =- Der Stadtverordnete K. erregte ſich ſehr,
als* der Bau von Klärbaſſins an den Häuſern beſchloſſen wurde. Er rief: „'38 iſch allewil doch egal,
ob zie Experimente (Exkremente). zuerſcht in den Klärbaſſins geſammelt gewe oder gleich in die Saar
ieße!“
Bürgerbandel und Waffenro>.
Die Saarbrücker Zeitung aus dem Jahre 1848 bringt neben den großen Ereigniſſen, die das
Saargebiet ſehr erregten, manche drollige Epiſode, für die man heute kein Verſtändnis mehr hat.
Wir bringen nur eine Probe, einen kleinen Zeitungsſtreit über die Ehre des Bürgerbandels und
de3 Waffenro>3. Der Kampf wurde durchgefochten in den Nummern vom 15. und 19. Auguſt 1848.
Neunkirc<en an der Blies, 15. Auguſt 1848. Kaum ſind 14 Tage vorüber, daß die 4. Comp.
des 27. Jnfanterie-Regiments dahier einquartiert iſt. Wir können dieſe Leute -- ſoweit wir
dieſelben bis jezt kennen gelernt haben =- im Allgemeinen nur redliche und ehrenwerte Männer
nennen. Was3 aber ihre Bekanntſchaft mit den hieſigen Mädchen betrifft, ſo iſt dieſe für das
kurze Hierſein von Seiten der - lekteren ſehr zu tadeln. Wie weit ihre Bekanntſchaft ſchon ge-
kommen iſt, wird man daraus entnehmen können, indem zwei blutjunge Mädchen aus einem
Hauſe (ſehr geachtet geweſene Bürger 3mädchen anſtändiger Eltern) keinen Anſtand nahmen, mit
einer nicht unbedeutenden Anzahl vun Soldaten im Arm hängend zu Tanz zu flankiren. Auch
geſchah ein Gleiches an einem Abende, als die Soldaten mit denſelben aus dem Theater kamen,
jo weit man jehen konnte.
Wer ſich vielleicht hiervon überzeugen will, wer dieſe Mädchen ſind, der darf nur, ſowohl vor
al3 nach der Polizeiſtunde durch den hieſigen Ort ihazieren und ſehen, wo der größte Haufen
MusSketiere ſich vergnügt mit zwei Mädchen außerhalb der Thüre lagert.
Mehrere die Ordnung liebende, junge Leute,
jowohl Mädchen al3 Burſche.
Neunkirchen, den 19. Auguſt 1848. Den in Nr. 116 Beſchwerde führenden ordnungs3liebenden
Mädchen und Burſchen wird hiermit erwiedert, daß ſie weder in der Schule noch im gewöhnlichen
Leben richtige Begriffe und Anſichten erhalten, wenn ſie glauben, daß der Waffenro> den Mann
aus jedem anſtändigen Familienkreiſe ausſchließe, da die häufige Erfahrung lehrt, daß unter dem
Waffenro> oft ein edlere3s Herz ſchlägt, als Mancher im Civilkleide beſiven mag. Gehören die
in Rede ſtehenden blutjungen Mädchen, wie Berichterſtatter oder deſſen für ein Glas Bier oder
Brandwein gedungener Winkelconſulent verſichert, einer geachteten Bürgerfamilie an, jo haben
ſelbige in ihrer zarten Jugend ſchon mehr Menſchenkenntniß, wie einige Dutzend von jenen
ordnungsliebenden Mädchen. Jedenfalls ſcheint aber der Beſchwerdeführer ein längſt abgewieſener
Liebhaber der zum Tanze geführten Schönen zu ſein und dann rufen wir ihm voll Mitleid zu:
hole dein Schulgeld zurück, ärgere dich nicht über uns,. ſondern über dich und deine jugendliche
Tölpelhaftiakeit =“ Amen.
Mehrere, die Unordnung meidende Soldaten
der 4, Comp. 27. Inf. -Rgts3.
ener me.
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