Saarfalender für das Jahr 1923
Blick auf Saarbrücken vom Shwarzenberg.
Luſt und Leid.
Moderne Moral: Was hülfe es dem Menſchen,
wenn er die ganze Welt gewönne und mehme
do< Schaden an ſeinem -- Geldbeutel.
Viel „Schwalben“ -- Schieber -- Karneval,
Ein wüſt' G6elag In Bar und Saal:
„Uns iſt ſo kannibaliſcm wohl -
Es ſmäumt der Sekt, den Kokteil hol'!
Der Reichtum ift doh kein Malheur,
Und Ehr wie Mitleid gibt's niht mehr!“
Nan zecht bis in des Morgens Sruh,
Soxtrottet, kreiſcht und joblt dazu. -- -
In taujend Kammern, kalt und arm,
Hockt grau das Elend, weint der harm:
„Derr, gib uns unſer täglich Brot,
Erlöſe uns aus unſrer Not!“
Still falten unſre Hände ſich:
„0, Jeſu Chriſt, erbarme dich!“
A. 7
Je
=
Politiſche Geſundheitsregeln.
Mögen immerhin einige philoſophiſche Renegaten der Freiheit die feinſten Kettenſchlüſſe ſchmieden, um uns zu beweiſen,
daß Millionen Menſchen geſchaffen ſind als Laſttiere einiger tauſend privilegierter Ritter; ſie werden uns dennoh nicht davon
überzeugen können, ſo lange ſie uns, wie Voltaire ſagt, niht nachweiſen, daß jene mit Sätteln auf dem Rücken und dieſe
mit Sporen an den Füßen zur Welt gekommen ſind. Heine (Reiſebilder),
Leben.
In der Not allein bewährt ſich der Adel großer Seelen. Sh<iller.
Das beſte Kennzeichen des Einzelnen iſt nicht ſein Beruf und ſeine Tätigkeit, ſondern ſein im weiteſten Berufe aushallendes
Menſchentum. Lamprecht.
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