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ehemaligen Mitglieder der NSDAP und der NS-Gliederungen waren sofort zu entlas
sen. Die Entlassenen konnten dann bei den deutschen Schulverwaltungen Wiederein
stellungsanträge stellen. Nach der politischen Überprüfung durch den Schuloffizier
konnte eine vorläufige Einstellungsgenehmigung erteilt werden, die jederzeit wider
rufbar war. Schmittlein ließ sich alle Anträge für das höhere Schulwesen und die
Schulverwaltung zur Genehmigung vorlegen 21 .
Dieses Verfahren ermöglichte eine flexible und schnelle Entscheidung vor Ort, die
den Problemen und Erfordernissen des Erziehungswesens entgegenkam. Anders als
bei den Entlassungskategorien des SHAEF-Handbooks konnte hier die Individualität
eines jeden Falles angemessener berücksichtigt werden 22 . Andererseits besaß die Mi
litärregierung durch den provisorischen Charakter der Wiedereinsteliung ein ausge
zeichnetes Druckmittel auf die betroffenen Lehrer. In einer späteren Direktive be
tonte Schmittlein die Ambivalenz zwischen technischer Notwendigkeit und politi
schem Ziel:
Les mesures proposees par la Direction de l'Education Publique etaient un com-
promis ent re les necessites du Service d'une part et les necessites de la denazifi-
cation d'autre part. Elles etaient basees sur le fait qu'il y a un moindre danger ä
reemployer des membres non actifs et peu compromis de l'ancienne NSDAP
plutöt que de confier la reeducation des jeunes gens eleves dans l'esprit natio-
nal-socialiste bien que n'ayant pas ete formellement inscrits au parti. La docilite
des maitres reintegres etait assuree par le caractere precaire de leur Integra
tion 23 .
Die Durchführung der Direktive stieß auf Schwierigkeiten (se heurte ä l'obstination
allemande et ä une certaine incomprehension des autorites frangaise) 24 . So lehnte in
der Pfalz General Bouley zunächst eine Wiedereinstellung politisch belasteter Lehrer
prinzipiell ab 25 . Schmittlein wiederholte Anfang Oktober 1945 seine Anweisungen
und betonte die Notwendigkeit einer einheitlichen Schulpolitik in der französischen
Besatzungszone: Mittel und Ziele der Kulturpolitik bräuchten eine lange Vorberei
tungszeit und eine zentrale Durchführung; jede regionale Abweichung würde zwar
kurzfristig die Arbeit erleichtern, den Gesamtplan aber gefährden. Die deutsche
Verwaltung würde versuchen, diesen Spielraum für sich auszunützen 26 .
Die Entlassungsbestimmungen der Direktive vom 24. August 1945 legten die deut
schen Entnazifizierungsorgane in ihrer Entscheidungsfindung nicht fest. Nachdem
21 Der Inhalt dieser Direktive, die in den Archiven nicht aufgefunden werden konnte, wurde in mehreren
Schreiben referiert, u.a.: CCFA/DGAA/EDU 329: Note für Sabatier, 26.9.1945; AOFAA DGAC c.65.
2 - Ein 'alter Kämpfer" und Pg seit 1932 könne innerhalb der folgenden Jahre seinen Fehler bereut und
vom Nationalsozialismus abgerückt sein, während ein Junglehrer und Pg von 1941 den Großteil seiner
Ausbildung im "Dritten Reich" durchlaufen habe - so die Argumentation in der Note vom 26.9.1945
(Anm. 21).
— 1 CCFA/DGAA/EDU 2882: Schmittlein an die D616gues Superieurs, 25.6.1946 (Hervorhebungen im
Original); AOFAA RP c.901 p.5.
24 Note, 26.9.1945 (Anm. 21).
25 CCFA/DGAA/EDU: "Rapport sur un voyage d'information en Hesse-Palatinat et en Rh^nanie du
7.-10.11.1945"; AOFAA DGAC c.124.
26 CCFA/DGAA/EDU 439: Schmittlein an die Delegu^s Superieurs, 8.10.1946; AOFAA RPP e.1824.