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1. Die Baden-Badener Direktiven zur "epuration systematique
Die Militärregierung in Baden-Baden versuchte mit ihren neuen Entnazifizierungsdi
rektiven einen Ausgleich zwischen dem Wunsch nach einer einheitlichen Politik in
nerhalb der Besatzungszone und dem Ziel einer dezentralen Verwaltungsstruktur zu
finden. Die Entnazifizierungsdirektive vom 19. September 1945 gab daher nur die
Rahmenbedingungen (un cadre d'action) für die neue Phase der Entnazifizierung vor
- die praktische Durchführung wurde den Ländergouvemeuren überlassen:
II n'est pas dans le röle de l'Administration Centrale de s'immiscer dans le detail
de l'action locale des Delegations Superieures ... C’est aux Delegations Superi-
enres qui connaissent les elements de la politique locale qu'il appartient
d'agreer ou de repousser les propositions faites par les Allemands '.
1.1. Die Entnazifizierungsdirektive fiir den Verwaltungsbereich
vom 19. September 1945
Im Gegensatz zum Verfahren in der amerikanischen Besatzungszone 1 2 mußte in der
französischen Zone nicht jeder Erwachsene ein Entnazifizierungsverfahren durchlau
fen. Nur ein Teil der berufstätigen und der bereits pensionierten Bevölkerung hatte
den politischen Fragebogen auszufüllen. Dies betraf die Beschäftigten im öffentli
chen Dienst, das Leitungs- und Führungspersonal in der Privatwirtschaft sowie einen
Teil der Freiberufler. Stark belastete NS-Aktivisten wurden interniert; sie bekamen
erst ab 1948 ihr Spruchkammerverfahren 3 . Die Anweisung Laffons vom 31.
Dezember 1945 sorgte dafür, daß alle bekannten NS-Aktivisten, die weder auto
matisch zu internieren waren noch zu den genannten Berufsgruppen gehörten, ein
Entnazifizierungsverfahren bekamen 4 .
Am 19. September 1945 erließ Laffon die Direktive Denazification des Administrati
on. die für eineinhalb Jahre das Entnazifizierungsverfahren in der gesamten franzö
sischen Zone regelte 5 . Er begründete den Erlaß der neuen Direktive damit, daß die
1 CCF A/CAB: "Epuration de personnel allemand. Rapport General", 31.12.1945; AOFAA DGAP c.233
p.52 d.2. Auf der Konferenz der Landergouvemeure am 1. Oktober 1946 in Baden-Baden wiederholte
Laffon diesen Grundsatz: Je vous rappelte que. dans le domaine de l'epuration. je me suis bome, et
campte toujours me bomer, ä vous donner des directives generales en vous laissant la responsabilite
de l’execution. II vous appartient par consequent de mettre en oeuvre les moyens materiels necessaires
pour obtenir les resultats promis: CCFA/CAB/C 7145: Laffon an die Delegues Superieurs, 4.10.1946:
"Reunion du 1er Octobre 1946"; AOFAA LAFFON c.3 Serie 4. AP GB 457 AP 72 u. AP GG d.7-U.
: Nach dem Befreiungsgesetz der amerikanischen Zone vom 5. März 1946 war die Vergabe der Lebens
mittelkarten an die Abgabe des politischen Meldebogens, den jede Person über 18 Jahre auszufiillen
hatte, verknüpft: Schullze, Ench: Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom
5.3.1946. München 1946.
3 CCFA/DGAA/INT/DENAZ 9501: Toumie an Koenig. 7.2.1948; AOFAA DGAP c.232 p.46. Siehe das
Kapitel F.l 3.
4 Die .Anweisung Laffons wird erwähnt in: GMPA/AA/INT 2355: Schneider an Koch. 26.4.1946; LA SP
H 13/744/553.
5 CCFA/CAB/C 722 (Sigel "AC"): Laffon an die Directeurs Generaux et Directeurs. 19.9.1945; AOFAA
DGAPc.3306p.U5.