schiedlich genutzt. Vor allem in Hessen-
Pfalz konnte die deutsche Verwaltung
die Entnazifizierung in ihrem Sinne ge
stalten.
Die französische Entnazifizierungspo
litik der Jahre 1945 bis 1947 stellte eine
Alternative zur amerikanischen Politik
dar, da sie realistischer an das Problem
der politischen Vergangenheitsbewälti
gung heranging und sich eines morali
schen Rigorismus weitgehend enthielt.
Die Militärregierung in Baden-Baden
lehnte das Kollektivschuld-Denken ab
und ging von der Existenz eines ande
ren, antifaschistischen Deutschlands
aus. Seit Herbst 1945 lag die Durchfüh
rung der Entnazifizierung in deutschen
Händen; die Militärregierung kontrol
lierte lediglich die Einhaltung der Be
stimmungen. In einem zweistufigen
Verfahren wurde versucht, die individu
elle politische Schuld der Betroffenen
festzustellen. Den Fragebogen mußten
nur die Beschäftigten des öffentlichen
Dienstes und die Inhaber verantwortli
cher Posten im öffentlichen Leben und
in der Privatwirtschaft ausfüllen. NS-
Aktivisten und andere “gefährliche”
Personen wurden interniert. Dennoch
konnte die französische Entnazifizie
rungspolitik nicht verhindern, daß die
Säuberungsmaßnahmen zunehmend
unpopulär wurden. Seit der Einrichtung
des Spruchkammersystems entstanden
auch in der französischen Besatzungs
zone “Mitläuferfabriken”. Die perso
nelle “Renazifizierung” revidierte zwar
die meisten Säuberungsmaßnahmen der
ersten Nachkriegsjahre. Von einem völ
ligen Scheitern der Entnazifizierung
kann aber nicht gesprochen werden, da
die französische Militärregierung ihr
wichtigstes Ziel erreicht hatte: die
Schaffung eines demokratischen und
friedfertigen Deutschlands.
Dr. phil. Rainer Möhler, Jg. 1961, wis
senschaftlicher Mitarbeiter im Fachbe
reich Rechtswissenschaft der Universi
tät des Saarlandes, Saarbrücken.