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gen, was die politische Bereinigung angeht. Als oberster Leiter der Anklagebe
hörde in der Pfalz hätte ich keinerlei Möglichkeit den Vorsitzenden, d.h. den
Richtern Direktiven zu erteilen. In Wirklichkeit geschieht dies aber bereits seit
dem ersten Tage. Das weiß auch Herr Minister JUNGLAS selbst. Diese Tatsa
che, daß die Pfalz praktisch ein eigenes Staatskommissariat besitzt, ist nicht von
mir hervorgerufen; sachlich bedingt ist sie durch die verschiedene Vorge
schichte der politischen Bereinigung in der Pfalz und im übrigen Lande 16 .
Die Untersuchungsausschüsse und Spruchkammern
Nachdem Junglas die Landräte in mehreren Gesprächen vor Ort über die neuen Be
stimmungen informiert hatte, forderte er sie am 22. Juli 1947 auf, Personalvorschläge
für die Spruchkammerorgane einzureichen. Die Bestimmung der LVO, daß die Vor
sitzenden der Untersuchungsausschüsse Juristen sein müßten, sollte weitherzig aus
gelegt werden 17 . Die SPD-Fraktion brachte im November 1947 im Landtag eine
kleine Anfrage ein, in der sie sich nach den Gründen für den schleppenden Beginn
der Spruchkammerarbeit erkundigte. Junglas sagte zu, daß spätestens zum
15. November alle Organe ihre Tätigkeit aufnehmen würden, was aber Mitte Dezem
ber noch nicht geschehen war 18 . Einzelne Beisitzer hatten ihre anfängliche Zusage
zurückgezogen; die Parteien konnten nur schwer Ersatz finden. Die Militärregierung
protestierte heftig und forderte Junglas im Februar 1948 auf, die Dienstpflicht Ver
ordnung anzuwenden und eine Disziplinarkammer einzurichten 19 . Sie sah mehrere
Ursachen für die Verzögerungen: Le manque d'interet des Allemands pour la politi-
que en general et Tepuration en particulier; la peur des responsabilites et l'espoir
d'une amnestie generale dans une proche avenir 20 .
Die Vorsitzenden der Spruchkammern waren schneller gefunden worden. Am
14. August 1947 hatte die Militärregierung ihre Genehmigung zur Ernennung des
Amtsgerichtsrats Valentin Wallauer zum Präsidenten der Rechtsmittelabteilung der
Spruchkammer - damit Vorgesetzter des gesamten Spruchkammerpersonals - erteilt.
Oberster Öffentlicher Kläger wurde Oberregierungsrat Janssen 21 . Die Spruchkam
mern der einzelnen Regierungsbezirke bestanden zunächst aus zwei Abteilungen: die
erstinstanzliche Spruchkammer und die Rechtsmittelabteilung für die Einspruchsver
fahren.
LK/Pfalz: Wolf, 30.6.1948; AsD Bezirk Pfalz 819.
17 Junglas an die Landräte u. Oberbürgermeister, 22.7.1947; Reg.präs. Trier: Bericht über die Bespre
chung mit Junglas, 7.7.1947; LHA KO 457/26.
18 Ltag RLP l.WP Drs. 11/105 u. III/ll, 3.11.1947, S. 12. GMRP/EPU 6381: Roynette an Junglas,
12.12.1947; Junglas an die Landräte u. Oberbürgermeister, 15.12.1947; AOFAA DGAP c.233 p.51 u.
RPc.901 p.l.
19 GMRP/EPU 6907: Hettier de Boislambert an Altmeier, 27.2.1948; AOFAA RP c.920 p.24 d.229. Bei
spielhaft für die Probleme bei der Konstituierung der Organe: der Schriftwechsel des Landrats von
Bernkastel-Kues mit dem Regierungspräsidium; LHA KO 457/26.
21 > GMRP/EPU 6986: Roynette an Sabatier, 8.3.1948; AOFAA RP c.920 p.24 d.229.
21 GMRP/SG 1534: Hettier de Boislambert an Altmeier, 24.9.1947; GMRP/EPU 6098: Roynette,
14.11.1947; LHA KO 860/1951/1053 u. AOFAA RPc.901 p.5.