Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

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entsprach in seinem ersten Abschnitt (Kategorien- und Sühnekatalog) der Baden-Ba 
dener Direktive vom 22. November 1946 (2 e Projet GM). Die folgenden Abschnitte, 
die die Organisation und das Verfahren betrafen, wichen jedoch weitgehend von die 
ser Vorlage ab. Inwieweit schon zuvor Beratungen zwischen der Militärregierung 
und der Verwaltungskommission stattgefunden hatten, konnte aufgrund der Quel 
lenlage nicht geklärt werden - es ist dies jedoch anzunehmen 31 . 
Der Entwurf wurde am 29. Januar 1947 auf einem Treffen, an dem - bis auf Neufang 
- alle Direktoren der Verwaltungskommission, Generalsekretär Kuchenbecker, Prä 
fekt Parisot und der Chef des Service Epuration, Leroy, teilnahmen, durchgesprochen 
und nach leichten, von den Mitgliedern der Verwaltungskommission vorgeschlage 
nen Abänderungen, durch die Anwesenden einstimmig angenommen 32 . Besonders 
wichtig war der Verwaltungskommission die Änderung des vorgesehenen Verfah 
rens gewesen: Der Entwurf hatte nur in Ausnahmefällen die Vernehmung des Betrof 
fenen und von Zeugen vorgesehen; die Entscheidung sollte generell im schriftlichen 
Verfahren erfolgen. Die Verwaltungskommission konnte sich mit ihrem Wunsch 
nach mündlichen Verhandlungen (debats contradictoires) durchsetzen. Am Tag da 
nach bat Vorsitzender Müller die Militärregierung um eine weitere Änderung: Auch 
vor der Berufungsinstanz sollte die mündliche Verhandlung vorgeschrieben werden. 
Er begründete dies mit der Klage vieler Betroffener, daß die Verhandlung nach Ak 
tenlage und hinter verschlossenen Türen eine den Geboten der Gerechtigkeit ent 
sprechende Verteidigung nicht möglich macht 33 . 
Parisot stimmte auch dieser Änderung zu. Der saarländische Gesetzesentwurf wurde 
am 31. Januar 1947 - rechtzeitig zum festgesetzten Termin - nach Baden-Baden ge 
schickt 34 . Der Entwurf zeichnete sich durch einige Besonderheiten aus: Alle noch 
nicht bearbeiteten Epurationsfälle sollten auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes 
nach dem bisherigen Verfahren weiterverhandelt werden; die neuen Organe sollten 
nur für neu auftretende Fälle - vor allem Internierte - und in Einspruchsfällen tätig 
werden. Ein Politischer Beirat war nicht vorgesehen. Die Vorsitzenden der Organe 
mußten die Befähigung zum Richteramt nachweisen können. Als Einspruchsinstanz 
gegen Spruchkammerentscheidungen war ein Haute Cour d'Epuration - auch Ober 
ster Epurationshof genannt - vorgesehen. Er sollte sich in zwei Kammern (Chambre 
des Requetes und Chambre Superieure dEpuration) aufteilen, die jeweils mit einem 
Juristen als Vorsitzenden und zwei Beisitzern besetzt werden sollten. Einspruch 
sollte nach dem Entwurf sowohl vom Staatskommissar als auch vom Betroffenen 
eingelegt werden können; der Antrag besaß keinerlei aufschiebende Wirkung. Die 
Chambre des Requetes hatte den Antrag auf seine Zulässigkeit hin zu überprüfen. 
31 Darauf läßt zum einen der Wortlaut des Gesetzesentwurfes schließen, zum anderen der auch institutio 
neil enge Kontakt zwischen Militärregierung und Verwaltungskommission (zum Beispiel im CSE). 
Entwurf: LA SB VK 166/64-91. 
32 Zitiert nach dem Berichtsprotokoll Leroys, 29.1.1947 (übersetzte Abschrift); LA SB VK 166/58. 
33 VK/Müller an Grandval, 30.1.1947; LA SB VK 166/60f. 
34 GMSA/DAA/IC 837: Parisot an Müller, 31.1.1947; LA SB VK 166/53 u. VK 202. GMSA/DAA/IC 
785: Parisot an Laffon, 31.1.1947: Ci-joint le projet de loi elabore en collaboration avec la CATS', 
AOFAA DG AP c.3302 p.90.
	        
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