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Baden und bat um etwaige Änderungsvorschläge für die kommende NADSC-Sit-
zung 11 . Das Schreiben erreichte Laffon erst vierzehn Tage später. Amal schickte
seine Instruktionen am 7. Mai an Koenig, der sie erst am 4, Juni 1946 an die GFCC
weiterleitete 12 .
Amal stellte zunächst fest, daß erneut die amerikanischen Bestimmungen zum Vor
bild genommen worden waren, obwohl die Ergebnisse der amerikanischen Entnazifi
zierungspolitik diese Vorbildfunktion nicht rechtfertigen würden. Die Ziele der
KR 38 seien zudem in der französischen Zone zum großen Teil bereits erreicht. Eine
Übernahme der Direktive würde nur die sorgfältig geplante und auf eine langfristige
Wirkung ausgelegte französische Politik stören. Die Militärregierung wäre zur
Übernahme eines Systems gezwungen, das weder den regionalen Bedingungen
gerecht werde noch den französischen Zielen dienlich sei. Auch der deutschen Kritik
am bestehenden Verfahren würde nicht entsprochen. Amal erklärte gegenüber Koe
nig: Je ne voie pas en somme linieret d'une directive alliee sur des problemes qui ont
dejä ete etudies par des Services frangais 13 . Zusätzlich zu seinen Anweisungen vom
März 1946 wollte Amal daher folgende Punkte in der weiteren Kontrollratsplanung
berücksichtigt sehen:
- der vorgeschlagene Abschlußtermin sei zu früh; stattdessen solle der 31. Dezember
1946 festgesetzt werden;
- Internierte sollten weiterhin nach ihrer Freilassung in ein anderes Land ausgewie
sen werden können - dies entspräche auch dem Wunsch der Untersuchungskom
mission der Assemblee Nationale.
Die Instruktionen Koenigs vom 4. Juni 1946 berücksichtigten diese Anregungen.
Koenig schrieb an Koeltz, daß die Direktive einerseits zu spät komme, andererseits
eine Tendenz zu Schematismus und Automatismus zeige, die der französischen Poli
tik zuwiderlaufe (peu conformes ä l'esprit frangais). Im Gegensatz zur amerikani
schen Politik solle von der GFCC das Prinzip des individuellen Verfahrens stärker
betont werden: II parait plus souhaitable de rester fidele au principe de l'examen in-
dividuel de chaque cas. Er forderte Koeltz jedoch auf, ein Scheitern der Direktive zu
vermeiden und stattdessen eine Änderung des Textes durchzusetzen. Sein Hauptan
liegen solle dabei eine größere Handlungsfreiheit für den Zonenkommandeur sein 14 .
Die Diskussion im NADSC wurde im Juni unter dem französischen Präsidenten
Delechaux fortgesetzt 15 . Der APSC beschloß, den NADSC dreimal in der Woche ta-
>0 DIAC/APSC/NADSC/P(46)1, 5.4.1946; AOFAA DGAP c.232 p.47.
11 GFCC/SG: Koeltz an Koenig, 10.4.1946; AOFAA DGAP c.232 p.47.
12 Die betreffende Sitzung des NADSC hatte bereits am 18. April stattgefunden. CCFA/CAB 3195: Amal
an Koenig, 7.5.1946; CCFA/CC/DAC 4412: Koenig an Koeltz, 4.6.1946; AOFAA DGAP c.232 p.47.
13 Ebd.
14 Koenig, 4.6.1946 (Anm. 12).
15 Die Arbeiten an der KR 38 waren inzwischen in der deutschen Öffentlichkeit bekannt geworden. Der
"Rheinische Merkur” meldete am 31. Mai 1946, daß die Arbeiten an einem zoneneinheitlichen Kon-
trollratsgesetz im Juli 1946 beendet sein würden. Regierungspräsident Steinlein meldete im Juli Ober
präsident Boden, daß die Mitglieder der Entnazifizierungsorgane in Erwartung eines Kontrollratsgeset-
zes verunsichert seien und teilweise sogar an die Einstellung ihrer Arbeit dächten; "Rheinischer Mer
kur" Nr. 23/46, S. 2, u. Steinlein, 14.7.1946; LHA KO 860/3777/1-10.