Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

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rungsorganen der Pfalz, an ihrer Spitze Oberregierungsvizepräsident Koch, und sepa 
ratistischen Organisationen. Andererseits würdigte Rödel die Abneigung der franzö 
sischen Militärregierung gegen eine schematische Vorgehensweise, wie sie die ame 
rikanische Entnazifizierung kennzeichnete. Die französischen Offiziere hätten eine 
realistischere Sichtweise über die Wirklichkeit des NS-Regimes und der Möglich 
keiten der Entnazifizierung besessen 40 . 
In dieser Arbeit soll versucht werden, die Entnazifizierung im Rahmen der französi 
schen Besatzungspolitik zu untersuchen. Auf verschiedenen Entscheidungsebenen 
wurde Einfluß auf die Gestaltung und Durchführung der Entnazifizierung genom 
men: Die französische Regierung in Paris mit ihren verschiedenen Institutionen, die 
die Deutschlandpolitik koordinieren sollten 41 , der Alliierte Kontrollrat in Berlin, die 
Zentrale der Militärregierung in Baden-Baden unter dem Leiter der Besatzungsver 
waltung, Laffon, und die Unterabteilungen der Militärregierung in den Ländern 
(Delegations Superieures) mit ihren Bezirks- und Kreisdelegierten 42 . Die Entnazifi 
zierung erfaßte die meisten Bereiche der Besatzungspolitik, da in der gesamten öf 
fentlichen Verwaltung, in Teilen der Privatwirtschaft und in wichtigen gesellschaftli 
chen Bereichen (zum Beispiel Kirchen und Presse) die Beschäftigten auf ihre natio 
nalsozialistische Vergangenheit überprüft wurden. 
Die französische Entnazifizierungspolitik wird in dieser Arbeit in den fünf linksrhei 
nischen Regierungsbezirken der französischen Zone: Saarbrücken, Neustadt, Mainz, 
Trier und Koblenz, die im Juli 1945 zu den drei Ländern Saarland, Hessen-Pfalz und 
Rheinland-Hessen-Nassau zusammengefaßt wurden, untersucht. Trotz der Gründung 
des Landes Rheinland-Pfalz am 30. August 1946 (bis dahin bestanden zwei völlig 
voneinander getrennte Verwaltungsgebiete: das Oberregierungspräsidium Hessen- 
Pfalz und das Oberpräsidium Rheinland-Hessen-Nassau) existierten bis Mitte 1947 
weiterhin zwei unterschiedlich ausgeprägte Entnazifizierungsverfahren; erst danach 
kam es in dieser Frage zu einer einheitlicheren Landespolitik. Gegenstand der Unter 
suchung sind die personellen Säuberungsmaßnahmen, ihre Planung, die Richtlinien 
und ihre Durchführung in den einzelnen Ländern. Besondere Aufmerksamkeit wurde 
40 Rödel, Die Entnazifizierung, S. 271 ff.; Wünschei, Hans-Jürgen: Der Separatismus in der Pfalz nach 
dem Zweiten Weltkrieg (1945-1947). Diss. Heidelberg 1974, S. 135 u. 200ff. Es wurde dabei eine Par 
allele zur französischen Besatzungspolitik nach dem 1. Weltkrieg gesehen; hierzu: Kusch, S. 120ff.; 
1923/24. Separatismus im rheinisch-pfälzischen Raum/bearb. von Joachim Kermann und Hans-Jürgen 
Krüger. Koblenz 1989. 
41 Ab Juli 1945 war das Comite Interministeriel und das Secr£tariat General aux Affaires Allemandes et 
Autrichiennes (CGAAA) für die Koordinierung der französischen Deutschlandpolitik zuständig; Ende 
Dezember 1945 wurde es in Commissariat General (CGAAA) umbenannt. Zwei Jahre später wurde im 
Außenministerium ein Secretariat d’Etat (SEAAA) eingerichtet. Hierzu: Die Einleitung Lattards in sei 
nem Gewerkschaftsband u. Dietmar Hüser: Das Comitd Interministeriel des affaires allemandes et 
autrichiennes und die französischen Deutschlandpolitik 1944-1946: Sicherheit durch Kohle und Kultur 
- Versuch einer neuen Sichtweise (Magisterarbeit). Saarbrücken 1989. 
42 Rainer Hudemann weist darauf hin, daß ein Teil der "Widersprüche" in der französischen Besatzungs 
politik durch die komplizierten Strukturen des Besatzungsapparates und die verschiedenen Entschei 
dungsebenen zu erklären sind; Hudemann, Rainer: Grundprobleme der französischen Besatzung in 
Deutschland, in: Die französische Deutschlandpolitik, S. 27-40, hier S. 33ff.
	        
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