Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

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erlaubten deshalb den deutschen Behörden, entlassene Personen befristet weiterzube 
schäftigen; selbst eine mehrmalige Verlängerung der Erlaubnis war möglich. Die 
Betroffenen durften allerdings nur als Hilfskräfte eingesetzt werden 76 . Gleichzeitig 
beauftragte Hettier de Boislambert das Oberpräsidium, die Ausbildung eines poli 
tisch unbelasteten Beamtennachwuchses verstärkt voranzutreiben. Ende 1946 zeigte 
er sich enttäuscht über die bisherigen Aktivitäten: Depuis la chute du Reich, le Gou 
vernement de Rhenanie n'a rien entrepris pour former des fonctionnaires non-com- 
promis sous le regime hitlerien 77 . 
Die Baden-Badener Direktive vom 4. Oktober 1946, die die befristete Weiterbe 
schäftigung regelte, bewirkte eine Verschärfung der Entnazifizierungspolitik. Hettier 
de Boislambert ermahnte Boden, für eine sofortige Durchführung der Sanktionen 
nach deren Veröffentlichung zu sorgen. Künftig durfte nicht mehr abgewartet wer 
den, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden worden war 78 . Der deutschen Verwal 
tung wurde aber weiterhin eine Frist von zwei Wochen zugestanden, in der sie den 
Entlassenen als Hilfskraft weiterbeschäftigen konnte, um die reibungslose Übergabe 
der Amtsgeschäfte sicherzustellen 79 . Trotzdem wurden zahlreiche Sanktionen nicht 
durchgeführt. Der Dreierausschuß forderte deswegen gegen Jahresende von Boden 
mehr Kompetenzen und Befugnisse, um gegen nicht genehmigte Weiterbeschäfti 
gungen sanktionierter Beamten und Angestellten durch die deutschen Verwaltungen 
Vorgehen zu können. Sein Unmut richtete sich gegen die gängige Praxis, Entnazifi 
zierungsbescheide durch nachträgliche Beförderungen, Wiedereinstellungen oder 
eine Verschleierung der tatsächlichen Dienstverhältnisse zu umgehen: Der Dreier 
ausschuß hält es für unbedingt erforderlich, daß die Durchführung der von den Be 
reinigungskommissionen verfügten Sanktionen von ihm nachgeprüft werden ... Falls 
es notwendig sein sollte, wird der Dreierausschuß die französische Militärregierung 
um die Genehmigung zur Durchführung der genannten Maßnahmen bitten 80 . Mini 
sterpräsident Boden äußerte seine größte Verwunderung über Wortlaut und Inhalt 
des Schreibens. Er lehnte die Forderung ab, indem er auf die Zuständigkeit seiner 
Behörden verwies; auch eine entsprechende Anordnung der Militärregierung würde 
er deswegen nicht befolgen. Boden war sich der Unterstützung des Gouverneurs si 
cher, der auch der Meinung sei, daß der Dreierausschuß zwar eine absolut selbstän 
76 Im April 1946 erlaubte die Militärregierung (ä titre exceptionnet) die Weiterbeschäftigung von Finanz 
beamten für eine Frist von zwei Monaten; GMRH/FIN: Hettier de Boislambert an Boden, 5.4.1946; 
AOFAA RP c.1089 p.30. Später wurden die Anträge mehrmals verlängert; GMRP/FIN, 5.6., 13.6., 3.7. 
u. 12.9.1946; AOFAA RP c.1089 p.30. 
77 Ebd.; auf der Landrätebesprechung am 7. August 1946 erklärte Steinlein, daß die Entnazifizierung 
nicht an Personalschwierigkeiten scheitern dürfe; Reg.präs. Trier: Niederschrift, 7.8.1946; LHA KO 
442/16613/37—41; GMRP: "Rapport mensuel decembre 1946"; AOFAA DGAP c.233 p.56. Zu den 
Versuchen der Militärregierung, mit der Gründung der Rheinischen Verwaltungsschule Cochem und 
der Verwaltungsakademie in Speyer den Nachwuchsmangel zu verringern: Grohnert, S. 108ff. 
78 GMRP/DAA 372: Hettier de Boislambert an Boden, 7.10.1946; AOFAA RP c.1104. Das Oberpräsi 
dium veranlaßte die Veröffentlichung dieser Anordnung im Amtsblatt; Ob.präs./Abt. des Innern: Rick. 
26.10.1946; AB1-RHN Nr. 22/46 (15.11.1946), S. 203. 
79 GMRP/EPU 1323: Roynette, 14.10.1946; AOFAA RPc.901 p.3. 
80 Becker an Boden, 11.12.1946. Zuvor hatte er vergeblich bei der Militärregierung um die Entbindung 
von seinem Amt als Provinzkommissar gebeten; AOFAA RP c.920 p.24 d.229 u. c.901 p.7.
	        
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