Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

190 
werden könne. Die Gesprächsteilnehmer einigten sich, künftig einmal monatlich eine 
gemeinsame Besprechung abzuhalten 53 . Als unmittelbare Folge wurde dem Dreier 
ausschuß ein richtiges Büro mit einem Bürovorsteher und vier Angestellten einge 
richtet 54 . 
Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Roynette und dem Dreierausschuß konnte 
die Entnazifizierung allmählich beschleunigt und eine größere Einheitlichkeit in der 
Beurteilung der Einzelfälle erreicht werden. Mitte Juli 1946 erschienen die ersten 
Entnazifizierungsbescheide im Amtsblatt: Sie betrafen Angehörige der Stadtverwal 
tung Koblenz und verschiedener Kreisverwaltungen; der Anteil der Entlassungen 
betrug etwa 12 bis 15% 55 . Die Militärregierung bemerkte dazu, daß sie sich bei sub 
alternen Beamten zu 90% den Vorschlägen der Bereinigungskommissionen ange 
schlossen habe 56 . Der Anteil der von der Militärregierung zurückgewiesenen oder 
verschärften Sanktionsvorschläge sank kontinuierlich: Roynette schätzte ihn Ende 
Juli auf 8 bis 9% 57 . 
Becker faßte die verschiedenen Entnazifizierungsrichtlinien zu einer 16 Punkte um 
fassenden Anweisung für die deutschen Organe zusammen: Richtlinien für die 
Durchführung der Bereinigung in Verwaltung und Wirtschaft. Die Entnazifizierung 
sei eine der wichtigsten und ernstesten Aufgaben der Zeit. Ihr Gelingen werde durch 
die richtige Auswahl der Mitglieder der Organe gewährleistet. Diese müßten ausge 
wiesene Antifaschisten, nicht kriminell belastet und frei von jeder persönlichen Ge 
hässigkeit oder Rachsucht sein. Die Bereinigung solle von oben nach unten unter der 
Maxime Kein Mensch ist unersetzlich erfolgen. Während "alte Kämpfer" (NSDAP- 
Mitglieder vor dem 1. April 1933) ohne Pension zu entlassen seien, spiele bei den 
anderen Nationalsozialisten das Datum ihres Parteieintritts keine ausschlaggebende 
Rolle: Jeder Fall ist individuell zu behandeln, nach strengen, gerechten Maßstäben. 
Dabei ist festzustellen, ob der Betreffende als belastet gilt oder ob wesentliche Mo 
mente, die für seine Entlastung sprechen, beigebracht worden sind 5 *. Leitende 
Funktionen in Verwaltung und Privatwirtschaft dürften nur von unbelasteten Perso 
nen ausgeübt werden. Als prinzipiell untragbar für den öffentlichen Dienst wurden 
alle Mitglieder der Allgemeinen SS und alle freiwilligen Mitglieder der Waffen-SS 
sowie NS-Aktivisten, Beschäftigte der Gestapo und des SD genannt. Militaristen 
seien auch ohne Parteimitgliedschaft NS-Aktivisten gleichzusetzen, ebenso Perso 
nen, die die NSDAP in finanzieller oder propagandistischer Hinsicht unterstützt hat 
ten. Jugendliche sollten dagegen schonender behandelt werden 59 . 
53 GMRH/CAB 2821: Hettier de Boislambert an Boden, 23.7.1946, u. GMRH/CAB 2965: an Laffon, 
9.8.1946; AOFAA DG AP c.233 p.56. 
54 Rapport, 6.8.1946 (Anm. 5). 
55 AB1-RHN Nr. 9/46 (15.7.1946), S. 73ff. 
56 GMRH: "Rapport eoncemant 1’öpuration", 13.5.1946; AOFAA DGAP c.3302 p.89 d.3130-3135. 
57 Rapport, 6.8.1946 (Anm. 5). 
58 Nach Anhörung der Betroffenen und der Zeugen sollten die Untersuchungsausschüsse ihren ausführ 
lich begründeten Sanktionsvorschlag an die Bereinigungskommissionen weitergeben; Becker: 
"Richtlinien für die Durchführung der Bereinigung in Verwaltung und Wirtschaft", o.D. (Sommer 
1946); AOFAA RPc.901 p.5. 
59 Ebd.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.