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Entgegen den offiziellen Richtlinien bestand schon jetzt die Möglichkeit, einzelne
ZSK-Bescheide abzumildem. Eichenlaub und Koch legten Einzelfälle der ZSK zur
erneuten Verhandlung wieder vor 78 79 . Die katholische Kirche reichte bei Koch Anträge
auf Sanktionsmilderung ein, und der SPD gelang es, sozusagen privat, an einflußrei
cher Stelle Einzelfälle zu bereinigen 79 In der Forstverwaltung wurde im Juni 1946
mit Wissen der Militärregierung eine "Spezialkommission" eingerichtet, die die bis
herigen Entscheidungen überprüfte 80 . Auch über die Militärregierung konnten Milde
rungen des ZSK-Bescheides erreicht werden. Erst nach Inkrafttreten der LVO unter
sagte Brozen-Favereau seinen Offizieren diese Praxis: En l'absence de textes legaux,
instituant une procedure reguliere de revision des decisions de la Commission Cen
trale d'Epuration, un certain nombre de decisions avaient ete modifees sur interven-
tion soit des Delegues de Cercle, soit des chefs de Service ä qui elles etaient appa-
rues comme injustes 81 .
Die Aufforderung der Militärregierung zur Einrichtung eines "Conseil Politique
d'Epuration" wurde vom Oberregierungspräsidium zum Anlaß genommen, erste
Entwürfe für ein Einspruchsverfahren auszuarbeiten. Aus der Abteilung Inneres kam
der Vorschlag für ein Verfahren, bei dem der Einfluß von Parteien und Gewerk
schaften auf ein Mitentscheidungsrecht beschränkt blieb. Der Betroffene oder sein
Amtsleiter sollten im Entlassungsfall Einspruch einlegen dürfen. Die erweiterte Prä
sidialkonferenz beschloß am 18. März 1946, den Entwurf der Militärregierung vor
zulegen 82 . Schneider setzte sich in Baden-Baden für den Entwurf ein. Curial lehnte
aber eine spezielle Einspruchsinstanz ab und wies auf die Kompetenzen des Conseil
Politique hin. Die Militärregierung in Neustadt wurde angemahnt, diesen endlich zu
konstituieren: En reponse ä une demande du Palatinat, il est precise pour le moment
qu'aucun organisme d'appel devant lequel les allemands pourraient demander une
revision de leur dossier n'est institue 83 . Arnal schlug Laffon Anfang Mai 1946 eine
Überprüfung der ablehnenden Haltung vor. Schneider hatte ihn ausdrücklich darum
gebeten, angesichts der vorangeschrittenen Arbeit der Entnazifizierung in Hessen-
Pfalz den neuen Entwurf der Justizabteilung des Oberregierungspräsidiums zu begut
achten 84 . Dieser Entwurf gliederte sich in 16 Paragraphen, die die Organisation und
78 Hierzu: Anordnungen Eichenlaubs, 24. u. 25.5.1946; LA SP R 18/31. Vor allem die sich verändernden
Bewertungsmaßstäbe für Jugendliche hatten neue Verhandlungen erforderlich gemacht. Hierzu: Unter
suchungsausschuß Kaiserlautem: Vorsitzender Eugen Hertel an Koch, 2.10.1946; LA SP R 18/341.
79 Bögler berichtete, daß es sich dabei nur um krasse Fehlentscheidungen, insbesondere gegenüber Ju
gendlichen, gehandelt habe: Auf diesem Wege ist uns die Bereinigung einer ganzen Anzahl von Fällen
geglückt; Bögler an die SPD Kaiserslautem, 23.7.1946; AsD Pfalz 706; BSTA SP 12/4a.
80 ORP/Abt. Finanzen: Vermerk Dahlgrüns über eine Besprechung mit Oberforstmeister Senft, o.D. (Juni
1946); LA SP H 13/473/295.
81 GMPA/AA 2541: Brozen-Favereau: Note de Service, 21.8.1947; AOFAA RPP c.2317 p.7.
82 ORP/Abt. des Innern (Gl.): "Überlegungen zum Entwurf des Berufungsverfahrens", 18.3.1946; ORP:
Bericht über die Präsidialkonferenz mit den Vertretern des Überparteilichen Ausschusses, 18.3.1946;
LA SP H 13/3056 u. H 13/96/110-136.
83 CCFA/CAB: "Compte rendu de la röunion des officiers de dönazification du 4 avril 1946", 8.4.1946;
AOFAA RPc.901 p.4.
84 Zitiert aus dem Antwortschreiben Laffons: CCFA/CAB/C 3277: Laffon an Bouley, 10.5.1946; AO
FAA DGAPc.233 p.5L