43
massiven staatlichen Geldschöpfung, des Wirtschaftsaufschwungs und der sinken
den Arbeitslosigkeit stiegen die Einkommen trotz des Lohnstops in den dreißiger
Jahren stärker, als die private Nachfrage von der Güterseite her im Zeichen der
Aufrüstung befriedigt werden konnte und sollte. Die Lösung des Problems, das
Ausmaß der staatlichen Geldschöpfung zu verdecken, wurde in der „geräuschlosen
Kriegsfinanzierung“ gesucht, einer Lösung, die wiederum unmittelbar zu den Wur
zeln des Schwarzen Marktes in der Nachkriegszeit führte. 35
Die Neuverschuldung des Reiches nahm mit Herannahen des Krieges rapide zu. 36
Während der I. Weltkrieg jedoch zu erheblichem Teil aus direkten öffentlichen
Anleihen beim Publikum und aus Steuererhöhungen finanziert worden war, scheute
das „III. Reich“ aus psychologischen Gründen vor einer direkten Belastung der
Bevölkerung zurück. 37 Abgesehen davon, daß finanzielle Leistungen aus den besetz
15 Zu Finanzpolitik und geräuschloser Kriegsfinanzierung s. neben der bereits genannten
Literatur im Überblick: Stucken, Geld- und Kreditpolitik, S. 146 ff., 172 f.; Lanter, Kriegs
finanzen (mit Nachweis der älteren Literatur); Samuelson, Le Mark, S. 161 ff.; Herbst, Der
Totale Krieg, S. 410 ff. - Umfassender: van Scherpenberg, Finanzwirtschaft, S. 21 ff.
Klein, German Money. Davin, Les finances de 1939 ä 1945, Bd. 2, der die nationalsozialisti
sche Politik als keynesianisch interpretiert. Wesentlich knapper, aber mit der Erfahrung des
„Insiders“: Federau, Der Zweite Weltkrieg - Federau war als Mitarbeiter des Direktoriums
der Deutschen Girozentrale/Deutschen Kommunalbank an der Mobilisierung der vom
Reich benötigten Gelder wesentlich beteiligt - und Schwerin von Krosigk, Wie wurde der
Zweite Weltkrieg finanziert? Zur deutschen ftnanzwissenschaftlichen, auch z. B. die be
triebswirtschaftlichen Probleme einbeziehenden Diskussion s. u. a. die Beiträge in: Weltwirt
schaftliches Archiv 51 (1940). Petzina, La politique financiere. Hansmeyer u. Caesar,
S. 411 ff. (mit Nachweis der älteren Literatur). Jacobsson, Le financement de la guerre, griff
u. a. auf die Jahresberichte der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel zurück
sowie auf Gespräche mit deutschen Fachleuten. Im Sommer 1945 konnte Richard W. Lind
holm noch - später für westliche Forscher nicht mehr zugängliche - Akten des Statistischen
Reichsamtes im Berliner Ostsektor auswerten: German Finance, unter vergleichender Frage
stellung. Breite Aufarbeitung der während des Krieges erschienenen Literatur bei Frei, Die
theoretischen Grundlagen.
Nach Fertigstellung des ursprünglichen Manuskriptes dieser Arbeit erschien Boelcke, Die
Kosten von Hitlers Krieg. Es ist neben dem Überblick in Stolper, Häuser u. Borchardt
und der Arbeit van Scherpenbergs eine der wenigen Darstellungen, welche einige der hier
interessierenden, über den Zusammenbruch hinausgreifenden Fragestellungen verfolgt;
dank dieses Werkes können die finanzpolitischen Zusammenhänge im folgenden z. T. ge
raffter dargestellt werden.
Auch in marxistischer Analyse mußten die finanzpolitischen Methoden zum Staatsbankrott
führen. Vgl. u. a. Bettelheim, L’economie allemande, Bd. 2, S. 126 ff., 148 ff. Allerdings
waren die Methoden in seiner Sicht nicht Folge der Expansionspolitik des Regimes, sondern
dieses mußte für die im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs wachsenden privaten Gewinne
Anlagemöglichkeiten finden. Als hierfür der Binnenmarkt nicht mehr ausreichte, wandte das
Regime sich nach außen; der Krieg war demnach durch die nationalsozialistische Finanzpo
litik bedingt, die ihrerseits notwendige Folge der Wirtschafts- und Sozialstruktur des Deut
schen Reiches war.
Überblick über Umfang und Struktur der Verschuldung in: Deutsches Geld- und Bankwe
sen, S. 313. Genauer zur Verschuldung und zur Technik ihrer Durchführung Dieben, Die
innere Reichsschuld.
Vergleichender Überblick über die Kriegsfinanzierung im I. und II. Weltkrieg: Schmölders,
Geldpolitik, S. 337 ff.; Lütge, Die deutsche Kriegsfinanzierung; Lapp, Die Finanzierung der
Weltkriege.