Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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auch der Finanzierung der Arbeitsämter dienten, nicht als stille Beitragserhöhung 
für die anderen Sozialversicherungszweige zweckentfremden lassen wollten - ein 
Kampf, der sich über Jahre hinziehen sollte. 8 
Von November 1945 bis Januar 1946 arbeitete die Direction du Travail die Grundzü 
ge ihres Reformprojektes aus, und zwar in Zusammenarbeit mit den Arbeitsoffizie 
ren der Landesmilitärregierungen, die ihrerseits angewiesen waren, die deutschen 
Fachleute zu konsultieren. Damit erhielt Wetta, der 1945 die Hessen-Pfalz-Reform 
durchgesetzt hatte und in der Besatzungsverwaltung als Spezialist für die deutsche 
Sozialversicherung galt, einen wesentlichen Einfluß, und über ihn auch die LVA in 
Speyer. 9 Anfang Februar wurde das Projekt Koenig zur Unterschrift vorgelegt. Die 
Direction du Travail kam darin, vor allem in den Finanzierungsfragen, deutschen 
Forderungen relativ weit entgegen und versuchte, sowohl die Budgetproblematik als 
auch die Rücksicht auf die Reaktionen der Arbeiterschaft einzubeziehen. Daher 
schlug sie nur für die Renten- und Invalidenversicherung - wie später realisiert - 
eine Beitragserhöhung von 5,6% auf 9% vor; bei der Landesversicherungsanstalt in 
Speyer z. B. deckten die Beiträge im Februar 1946 nur rund 40% der Ausgaben. 10 11 Für 
die Krankenversicherung wurde ein Ausgleichsfonds (fonds de solidarite) vorgese 
hen, so daß gleiche Leistungen bei gleichen Beiträgen gewährt und die Defizite mit 
dem Überschuß der gut gehenden Kassen gedeckt werden könnten; damit sei der 
Rückgriff auf weitere Subventionen und auf den Landesstock - dessen Einsatz 
demnach sogar für die Zwecke der Krankenversicherung erwogen worden war - 
überflüssig.“ 
Dies war das Konzept, welches den Verband der Betriebskrankenkassen in Panik 
versetzte und zu seinen mit der deutschen und französischen Arbeitsverwaltung in 
Tübingen abgesprochenen Aktionen veranlaßte. Damit kam die Reform zunächst ins 
Stocken. Einerseits bewirkten die Protestaktionen, daß Koenig intern eine erneute 
genaue Prüfung der ganzen Problematik anordnete. 12 * Zum anderen wurde eine 
engere Koordination mit den Kontrollratsplanungen erforderlich, nach 
dem diese mit der Sitzung des Arbeitsdirektoriums des Kontrollrats am 22. Januar 
1946 in ein entscheidendes Stadium zu treten schienen.“ Im Anschluß an diese 
Sitzung teilte die französische Kontrollratsgruppe Baden-Baden die Grundzüge der 
Berliner Planungen mit und fragte nach den inzwischen in der Zone angelaufenen 
Projekten, insbesondere den für die Deckung der Defizite vorgesehenen Modalitä 
ten. Die Baden-Badener Direction des Finances wollte dafür - ähnlich wie indirekt 
auch der Kontrollrat - die Arbeitslosengelder heranziehen. Die Direction du Travail 
widersprach erneut und schlug als Kompromiß vor, den Landesstock zwar zum 
8 Vgl. dazu z. B. Bökenkrüger, S. 250 f. 
9 Unterlagen in Archiv LVA RLP sowie AdO Colmar Cab. Koenig C. 148/Eco V A4, darunter 
ein zusammenfassender Vermerk des Zivilkabinetts für Koenig, 25. 4. 1946. 
10 Direction du Travail, Monatsbericht Feb. 1946, S. 16; AdO Colmar Bade 2137. 
11 Ebd., Jan. 1946, S. 16. 
12 Siehe oben S. 246 f. 
11 Zur Koordination der Berliner und Baden-Badener Planungen vgl. auch den Artikel des 
Berliner Sozialversicherungsoffiziers Dechamp, Assurances sociales, S. 327 ff., und oben S. 
177 ff.
	        
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