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Anders die Arbeitsverwaltung in Württemberg-Hohenzollern, an deren Spitze mit
der Bildung des Landesdirektoriums zum 16. Oktober 1946 der Volksschullehrer
Clemens Moser (CDU) trat. Er wurde 1946 zugleich Landeshauptmann von Hohen-
zollern-Sigmaringen und verkörperte damit die seltsame staatsrechtliche Konstruk
tion, mit der man der Sonderstellung dieses ehemaligen preußischen Regierungsbe
zirks gerecht zu werden versuchte. Auch Moser schien dem Einheitsversicherungsge
danken grundsätzlich nicht fernzustehen, wie ein der Militärregierung Mitte Januar
1946 vorgelegtes Reformkonzept für die Rentenversicherung zeigte; darin vertrat er
eine Zusammenlegung von Invaliden- und Angestelltenversicherung und eine erheb
liche Ausdehnung des Versichertenkreises bei Senkung der Leistungen, aber Beibe
haltung der Staatszuschüsse. 21 Angesichts der allgemeinen Politik der CDU und der
späteren Politik der Tübinger Arbeitsdirektion erscheint dieser Plan erstaunlich.
Möglicherweise ist er schlicht damit zu erklären, daß der sozialpolitisch nicht beson
ders versierte 24 Moser die schwierige Materie zunächst noch nicht hinreichend über
sah und sich dem allgemeinen Streben nach einer Einheitsversicherung anschloß.
Daß dies nicht seine tatsächliche Politik war, erwies sich, als im Frühjahr der Streit
mit der SPD-geführten Stuttgarter Landesversicherungsanstalt um die Kompetenzen
von deren Tübinger Zweigstelle ausbrach. 25 Zur gleichen Zeit sandte Moser auch
einen scharfen, die Einheitsversicherung als Fortsetzung der Diktatur des National
sozialismus interpretierenden Artikel mit der Bitte um ungezeichneten Abdruck an
die Schwäbische Zeitung. 26 Die gleiche Tendenz zeigte sich bei der Frage der Kran
kenkassenstruktur. Hier lag innerhalb der Verwaltung 1945 der deutlichste, auch
langfristig wirksame Bruch zwischen Anhängern und Gegnern der Einheitsversiche
rung. Mitte Dezember 1945 erfuhr Moser vertraulich bei der Tübinger Militärregie
rung von den Plänen zur Auflösung der Betriebskrankenkassen 27 und protestierte
darauf sofort gegen diese Absichten. 28 Daraus ergab sich ein interessantes Zusam
menspiel von Tübinger Arbeitsdirektion, Tübinger Militärregierung und Interessen
gruppen gegen die Baden-Badener Militärregierung.
Der Landesverband der Betriebskrankenkassen in Nord-Württemberg unter
seiner höchst aktiven Geschäftsführerin Louise Breitling nahm unverzüglich mit
allen betroffenen Stellen Kontakt auf, um die drohende Auflösung der Kassen zu * * * * * *
" Moser an Section Travail, MR Tübingen, 15. 1. 1946; StA SIG Wü 180/441. Vorgeschlagen
wurde eine Ausdehnung der Pflichtversicherungsgrenze auf 8 400 RM, Wegfall der Beitrags
erstattungen bei Heirat, Erhöhung des Rentenversicherungsbeitrages auf 8%, Ausschluß von
Nationalsozialisten von den Leistungen und Einstellung aller Mehrleistungen. Diese Forde
rungen gingen z. T. erheblich weiter als die 1946 realisierte Reform. Ob es sich hier um eine
Initiative Mosers handelte oder um eine Anforderung der Militärregierung, Vorschläge zur
finanziellen Sanierung der Rentenversicherung zu unterbreiten, war in den Akten nicht zu
klären.
So auch die Darstellung von Theodor Eschenburg, Tübingen 26. 7. 1982, in einem Gespräch
mit dem Verf.
Siehe dazu unten S. 268 ff.
Moser an Schwäbische Zeitung, 27. 3. 1946; die Zeitung lehnte den Abdruck höflich ab.
StA SIG Wü 180/451.
" Vermerk vom 13. 12. 1945; StA SIG Wü 180/608.
Moser an Militärregierung Tübingen, 13. 12.1945;ebd.