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nung von General Koenig, bereits bis Mitte August einen ersten Reformplan. Zur
Vorbereitung wurde zonenweit bei den Krankenversicherungsbehörden umfangrei
ches Material über Organisation, Personalstand, materielle Ausstattung, Finanzlage,
Leistungsniveau, Haushaltspläne und Verbesserungsvorschläge angefordert. 2 Der
Plan zielte auf eine weitgehende Einheitsversicherung, welche die verschiedenen
Rentenversicherungen einschließlich der Beamtenversorgung sowie die Unfallversi
cherung auf regionaler Basis zusammenfassen, den Krankenversicherungen aller
dings ihre Eigenständigkeit belassen sollte.
Bereits in seiner ersten Besprechung mit den Regierungspräsidenten von Trier und
Koblenz, Steinlein und Boden, teilte der Kommandierende General des wenig später
zur Provinz Rheinland-Hessen-Nassau zusammengefaßten Nordteils der Zone,
Billotte, am 22. August 1945 die Baden-Badener Anweisung mit:... alle Versicherun
gen, also Arbeiter- und Invalidenversicherung, Angestelltenversicherung, Berufsgenos
senschaften, Beamtenversicherungen usw., seien einer Landesversicherungsanstalt in
Koblenzzu unterstellen. Von einem Provisorium war dabei offenbar nicht die Rede.
Boden widersprach sofort und wies auf die kaum durchführbaren] Vermögensaus
einandersetzungen mit den bisherigen staatlichen und privaten Versicherungsträgem
hin; die laufend eingehenden Beiträge genügten vielleicht zur Regelung der neuen
Versicherungsfälle, aber mit Sicherheit nicht zur Zahlung der bestehenden Ansprü
che. 3 Was hinter der technischen Diskussion stand, wurde, wenigstens dem Protokoll
zufolge, nicht ausgesprochen: Billotte zielte auf eine rasche Fixierung eigenständiger
Institutionen in dem von ihm verwalteten Gebiet ab, während die Deutschen alle
präjudizierenden Maßnahmen in der Schwebe zu halten bemüht waren. Hier zeigte
sich in der Sozialversicherungsplanung ein früher Ansatz zu den zu diesem Zeit
punkt auf französischer Seite intern noch durchaus umstrittenen, bald darauf jedoch
konkretisierten Gründungsplänen für Rheinland-Pfalz. 4
Eine lange Debatte mit Billotte ergab zunächst nur die Zusage seitens der Militärre
gierung, Verhandlungen mit den bisherigen Trägern einzuleiten und weitere Proble
me zu klären, doch blieb der grundsätzliche Auftrag bestehen. Immerhin liegt hier
ein Grund dafür, daß die Einheitsversicherung, die sogar in den Bereich privater
Versicherungen eingreifen sollte, nicht sofort realisiert wurde: wie bei den Landes
versicherungsämtern waren die technischen Probleme größer, als die zentralen Pla
nungsstellen ursprünglich offenbar vorausgesehen hatten. Wie Billotte den Regie
rungspräsidenten gegenüber andeutete, hatte dies auch die Militärregierung inzwi
schen erkannt. Zugleich liefen in Hessen-Pfalz detailliertere und auf die deutschen
Die Initiativrolle Koenigs war bei den Ortskrankenkassen allenthalben bekannt (Mitteilung
von Kurt Urban), doch fand sich dafür kein schriftlicher Beleg. Der Fragebogen ging von
der Baden-Badener Gesundheitsdirektion aus. Instruktion des badischen Arbeitsoffiziers,
11. 8. 1945, und Antwort der AOK Donaueschingen, 8. 10. 1945, in VdO Lahr Altreg. Az.
103. Monatsbericht des badischen Arbeitsoffiziers, 17.8. 1945, AdO Colmar Bade 2402.
Vermerk über Unterredung des Sachbearbeiters Zollinger im ORP Hessen-Pfalz mit Aspi
rant Evain, 21.8. 1945; LA SP H 13/62 Bl. 175-177. Erhalten sind nur einzelne Exemplare
der Antworten; daß diese vollständig eingingen, erscheint daher nicht wahrscheinlich.
5 Protokoll in Nachlaß Steinlein, LHA KO 700/134, 1. Vgl. Brommer, Quellen, S. 62 ff.
Hudemann, Entstehung.