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2. Frühe Reformplanungen 1945/46
Bildeten Streben nach Effizienz in der Militärverwaltung, ungünstige Zoneneintei
lung, politische Zielsetzung einer Aufteilung Deutschlands, unzureichende Finanz
grundlage der Versicherungen, Krisen bei Betriebskassen, Transferprobleme und
Personalmangel einen wesentlichen Hintergrund für die sozialpolitischen Reform
initiativen, die sich kurz nach der am 22. Juni 1945 erfolgten endgültigen Zonenab
grenzung abzuzeichnen begannen, so wurden im Verlauf des Spätsommers 1945
neben diesen Sachzwängen auch die sozialpolitischen Konzeptionen in der Baden-
Badener Militärregierung weiterentwickelt. Generalverwalter Laffon faßte sie am
13. Oktober 1945, als die Aktivitäten auf einzelnen Gebieten bereits angelaufen
waren, in einer Grundsatzdirektive für die Landesgouverneure zusammen. 1
Die Direktive regelte vier Bereiche: 1) Conditions et relations du Travail. 2) Assurances
sociales et Pensions. 3) Logements et mouvements de populations. 4) Main d’aeuvre. Als
Grundlinie wurde vorgegeben: die Services du Travail.. . ont pour but d’assurer la
defense des interets des travailleurs allemands et ils doivent avoir la conßance complete
de ces derniers. Zu diesem Zweck seien avec les syndicats allemands des contacts tres
suivis aufzunehmen und eine epuration immediate et intransigeante durchzuführen;
allerdings sei es besser, im Zweifelsfall einen tres grand usage du deplacement zu
machen, als leicht Belastete durch Kündigung in den maquis zu treiben. Postalische,
telefonische und telegrafische Kommunikation unter den deutschen Arbeitsverwal
tungen sei zu faciliter... aßn d’eviter de faire de Tadministration directe. Die Entwick
lung der Gewerkschaften doit etre suivi de tres pres pendant la periode initiale qui
s’ouvre et qui pourra determiner toute leur histoire ulterieure. L’etendue... est au
maximum celle dune province. Zu genehmigen seien zunächst nur Einheitsgewerk
schaften, syndicats uniques, die se developpent sur la base, c’est-ä-dire ä partir de libres
elections auxquelles participeront les travailleurs. II existe une tendance opposee, celle de
la creation des syndicats par la tete, ä partir de petits groupements d'anciens militants
qui souvent, ne font pas partie des entreprises. Ils peuvent avoir tendance ä coiffer les
syndicats, avant meme leur naissance, par des Federations intersyndicales qui n ’ont pas
d'interets professionnels communs et ne sont que des organismes politiques. Emigranten
und 1933 entlassenen Gewerkschaftsfunktionären sei die participation au mouvement
syndical zu faciliter, Kontakte zum Weltgewerkschaftsbund seien zu fördern. Be
triebsräte seien allerdings nicht wie in britischer und amerikanischer Zone vor den
Gewerkschaften zu wählen, sondern erst, wenn diese entierement constitues seien,
damit nicht in geheimer Wahl die Gefahr der Wahl von Nationalsozialisten bestehe.
Laffon betonte den Anschluß an sozialpolitische Traditionen der Weimarer Repu
blik besonders auch bei Vertretungskörperschaften, so den Beiräten der Arbeitsäm
ter und den Arbeitsgerichten, die neu zu konstituieren seien. Zu fördern sei auch das
l en directive generale en ce qui concerne la politique du Travail, Laffon an Delegues superi-
eurs, 13. 10. 1945; AdO Comar Cab. Koenig Conseiller politique C. 199/C III 2d. Zu den
Grundsatzdirektiven in anderen Bereichen s. Hudemann, Kulturpolitik, und oben S. 28 f.,
143 f.