Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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gedächten, von den Beiträgen also nichts zu erwarten und damit indirekt die britische 
Zone zu subventionieren hätten. 164 Im Sozialversicherungsausschuß des Kontrollrats 
hatte der französische Delegierte seit März die Konzeption der bureaux allies vertre 
ten, d. h. einem zentralen Ausgleichsfonds für die Arbeitslosenversicherung zuge 
stimmt, da die Frage der deutschen Zentralverwaltungen und einer Zentralregierung 
durch diese Maßnahme nicht berührt werde. 16 * Mehrfach und eindeutig wurde dabei 
als französische Position formuliert: Wirtschaftseinheit ja, politische Zentralisierung 
nein. Die Westmächte standen hier gemeinsam gegen den sowjetischen Vertreter, der 
jede Zentralisierung ablehnte. 
Diesmal erfolgte aus Paris jedoch eine Anweisung, und sie war eindeutig: 1° nous ne 
voulons pas d'un bureau meme allie pour Assurances chömage. 2°.,. laisser le delegue 
russe prendre les devants en cette matiere. Die Zentrale blieb auch bei dieser Anwei 
sung, als die Kontrollratsgruppe ausdrücklich zurückfragte und darauf hinwies, daß 
man solche bureaux allies doch bereits für den Außenhandel akzeptiert habe. 166 Paris 
beurteilte die politischen Implikationen der Arbeitslosenversicherung also anders 
als die Kontrollratsmission: aus Sicht des Generalkommissars wurden hier zentrale 
politische Verwaltungsfunktionen in deutsche Hand gegeben, und so legte Paris ein 
Veto ein, das aus taktischen Gründen den Sowjets zugeschoben werden sollte. In den 
folgenden Sitzungen des zuständigen Kontrollratskomitees hielt der französische 
Vertreter sich, entgegen seiner vorantreibenden Linie des Frühjahrs, zurück. Inhaltli 
che Anweisungen zum Sachproblem der Arbeitsverwaltung gab Paris darüber hinaus 
jedoch nicht. Die Ausfüllung der praktischen Politik blieb damit den in Deutschland 
tätigen Stellen überlassen, die sich besonders gegen einen über die Zonenebene 
hinausgehenden Finanzausgleich sperrten. Die Sowjets bekundeten ohnehin ihre 
Entschlossenheit, in ihrer Zone keine Arbeitslosigkeit zu dulden, und Briten und 
Amerikaner lehnten die Einbeziehung sowohl der Knappschaftsversicherten als 
auch der Beamten ab, wie die Sowjets sie forderten; auf beide Forderungen wird im 
Rahmen der Sozialversicherungsdebatte zurückzukommen sein. Das Projekt einer 
zentralen Arbeitslosenverwaltung scheiterte denn auch Ende 1946 bereits auf der 
Direktorienebene, 167 wobei die fortschreitende Auseinanderentwicklung der Wirt 
schaftsverfassung in Ost und West allerdings eine größere Rolle spielte als der 
Pariser Einspruch. 
16,1 Telegramm Leroy-Beaulieu, Division Finances im GFCC, an Generalsekretär Savary in 
CGAAA Paris, zur Information an Baden-Baden sowie die beteiligten Ministerien, 30. 4. 
1946; ebd. Vgl. Bericht des Sozialversicherungsausschusses DM AN/P (46) 39, 16. 4. 1946; 
MdAE Y (1944—1949) 632. 
165 Franz. Protokolle des Sozialversicherungsausschusses vom 14. 3., 3. 4., 11. 4., 24. 4., 4. 5. 
1946; AdO Colmar GFCC C. 828/TRA 8. 
146 Mehrere Telegramme in AdO Colmar Cab. Koenig C. 74/SA-lh; Zitat aus CGAAA an 
GFCC, 10.5. 1946. 
16 Vgl. DFIN/M (46) 28, 20. 9. 1946, und DFIN/Memo (46) 166, 29. 7. 1946, mit weiterem 
Schriftverkehr in AdO Colmar GFCC C. 829/TRA 19; Protokolle des Arbeitsdirektoriums 
in MdAE Y (1944—1949) 633—636. Am 23. 12. 1946 wurde das Projekt von der Tagesord 
nung abgesetzt; vgl. auch zusammenfassenden Bericht über die unterschiedlichen Positio 
nen: DMAN/P (46) 173,25. 11. 1946, ebd. 636.
	        
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