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daß die französische Regierung die Notwendigkeit einer coordination des activites des
diverses zones nicht erkenne; eine solche müsse jedoch allein unter der Entschei
dungsgewalt des Kontrollrats stehen, der den lokalen deutschen Dienststellen die
Entscheidungen gegebenenfalls wie bisher über die Zonenkommandanten übermit
teln solle. Da auch die amerikanische Regierung die Bildung einer deutschen Zen
tralregierung vorläufig ablehne, seien die Positionen auch hier nicht weit voneinan
der entfernt. Um die technischen Probleme zu lösen, genüge es, technische deutsche
Beratungsgremien heranzuziehen; 102 damit waren erneut die bureaux alliesangespro
chen. Bidault schlug vor, die Grenz- und die Zentralverwaltungsfrage auf Vier-
Mächte-Ebene, etwa auf einer Außenministerkonferenz, zu diskutieren. Der Mini
ster schlug damit eine weniger scharfe Tonart an als seine internen Planungsgremien.
Damit war nicht nur im internen diplomatischen Verkehr, sondern auf offizieller
Ebene ein weiterer Schritt getan, von dem aus die Konsequenzen des französischen
Vetos im Kontrollrat in ihren Auswirkungen hätten gemildert werden können. Am
2. April beriet das Koordinationskomitee über eine Zentralverwaltung für den Inter
zonen- und Außenhandel, dem die Franzosen im Wirtschaftsdirektorium Anfang
März zugestimmt hatten. Der französische Vertreter begrüßte den Vorschlag erneut
entschieden, sofern nicht eine deutsche Kontrollverwaltung daraus werde. Ärgerlich
erwiderte Clay, damit sei gegenüber der gegenwärtigen Arbeit des Kontrollrates gar
nichts gewonnen, und ließ den Vorschlag fallen. 103 Auf Kontrollratsebene ging man
auf den französischen Kompromißvorschlag also wiederum nicht ein. Im Wirt
schaftsdirektorium votierten nun auch die Sowjets am 5. April gegen eine interalliier
te Außenhandelsorganisation. Gegenüber Paris wies die französische Kontrollrats-
gruppe darauf hin, daß eine solche Absage an die unite economique de l'Allemagne in
politischer Hinsicht vielleicht willkommen sein möge, sie unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten für Frankreich aber ä la longue defavorable werde; vor einer Aufga
be der bisher verfolgten Politik der unite economique occidentale sei daher zu war
nen. 104 Implizit wurde mit der Auseinanderentwicklung der beiden Teile des ehema
ligen Reiches damit aber auch eine Perspektive angesprochen, die in der internen
französischen Planung erst im Laufe des Jahres 1946 genauer, und durchaus sehr
kontrovers, diskutiert wurde. Auf Regierungsebene wertete das State Department —
entsprechend der Erwartung des Deutschlandkommissariats und, wie sich zeigen
sollte, irrtümlicherweise — Bidaults Memorandum als Anzeichen für eine bevorste
hende Aufgabe der französischen Position; es griff die Kompromißlösung aber
IIsuffirait que le Conseil, sans modifier les usages actuels, s'assurät la collaboration de Services
techniques allemands propres d preparer et d soutenir son action. Deuerlein, Obstruktion, S.
489 f., geht zwar auf Bidaults Schreiben, nicht jedoch auf diesen Ansatz zu einem Kompro
mißvorschlag ein; die französische Position erscheint in seiner Darstellung daher als unver
ändert.
103 Schreiben von Koeltz sowie Koenig an CGAAA, 5. 3. 1946, MdAE Y (1944—1949) 284.
Murphy an Byrnes, 4. 4. 1946; FRUS 1946 Bd. 5, S. 536 f., in scharfer Kritik an der French
Sabotage of the Potsdam decision. Bäcker — um nur ihn als eines der jüngeren Beispiele der
Forschung zu zitieren — folgt in seiner Darstellung (Die deutschen Jahre, bes. S. 132 ff.)
der Linie Murphy’s, erwähnt aber z. B. diesen französischen Kompromißvorschlag nicht.
104 Telegr. GFCC an CGAAA, ca. 13.4. 1946; MdAE Y (1944-1949) 370.