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tungsfrage bislang keinen Druck ausgeübt habe. 58 Auch die detaillierten Wirtschafts
verhandlungen in Washington Mitte November 59 erbrachten keine eindeutige ameri
kanische Antwort, doch wurden jetzt ökonomische Details der französischen Rühr-
und Rheinlandpläne erstmals genauer besprochen. Dabei erwies die französische
Position sich als durchaus verhandlungsfähig. 60 Doch wies das State Department
Anfang Dezember recht geschickt die Verantwortung für die Stagnation in der
Deutschlandpolitik in der Öffentlichkeit allein den Franzosen zu, als das Kriegsmi
nisterium gegenüber dem State Department mehrfach auf eindeutige Instruktionen
— die es selbst inzwischen teilweise schon nach Berlin gegeben hatte — drängte. 61
Die Forschung hat dieses Urteil seitdem weithin übernommen.
Die interalliierten Verhandlungen im Herbst 1945 waren also dadurch gekennzeich
net, daß die verschiedenen alliierten Entscheidungsträger gewissermaßen aneinan
der vorbeiredeten: Clay bezog scharfe Positionen, aber gegenüber Gesprächspart
nern, die sowohl nach Pariser Ansicht wie nach Beschluß der Außenministerkonfe
renz nicht zuständig waren und dies auch stets von neuem betonten. Washington
enthielt sich wochenlang einer Antwort und begann erst im November 1945 eine
genauere wirtschaftspolitische Diskussion über die Ruhr-Rheinland-Frage. Disku
tiert wurden dann auch nur diese Probleme, in denen die Diplomaten des Quai
d’Orsay sich rasch kompromißbereiter zeigten als de Gaulle. Typisch für die Unklar
heiten in der Zentralverwaltungsdebatte ist die Äußerung eines ungenannten Mit
gliedes der französischen Kontrollratsmission gegenüber Murphy Mitte Dezember,
den Franzosen sei nie deutlich gesagt worden, die deutschen Zentralverwaltungen
sollten schwache Gremien unter starker Kontrollratsaufsicht sein. 62 Diese Konstella
tionen des Herbstes 1945 sind für die Erklärung der französischen Haltung von
zentraler Bedeutung, und hier setzten Anfang 1946 die französischen Kompromiß
versuche an.
Zunächst war die Situation zu diesem Zeitpunkt jedoch längst blockiert: seit Ende
September hatten die Franzosen im Kontrollrat die Beteiligung an Entscheidun
gen über deutsche Zentralverwaltungen verweigert, 63 * * * * und als sich um die Jahres
58 Protokoll in Clay Papers, Bd. 1, S. 111 ff., hier S. 112. Vgl. auch Vermerk über Clay’s
Gespräch mit Byrnes und Patterson, 6. 11. 1945; FRUS 1945 Bd. 3, S. 892 f. Gimbel,
American Occupation (S. 16 ff., bes. S. 19) schreibt, die Amerikaner hätten auf verschieden
ste Weise eine Änderung der französischen Haltung zu erreichen versucht. In den publizier
ten Akten des State Department findet diese Interpretation nur sehr eingeschränkt eine
Stütze. Zu der amerikanischen Rücksichtnahme auf die innenpolitische Instabilität in Frank
reich siehe in ihren ambivalenten Wirkungen für die Deutschlandpolitik u. a. Schreiner.
Bidault, und Krieger, Clay, S. 104 ff. u. 143 ff.
59 13.-20. 1 1. 1945; vgl. Bericht in FRUS ebd.,S. 896 ff.
60 Vgl. die Berichte von Caffery über die Folgeverhandlungen, ebd., S. 912 ff.
41 Vgl. Schreiben des Kriegsministers Patterson an Byrnes, 21. 11. 1945 (ebd., S. 908 f.), 10. 12.
1945 (ebd., S. 917) und 28. 12. 1945 (ebd., S. 922 f.). Am 6. 12. 1945 sandte Byrnes (an Caffery,
ebd., S. 916) ein Ultimatum, wenn die Franzosen nicht zustimmten, würden Drei-Zonen-In-
stitutionen errichtet; im Kontrollrat hatte Clay dies seit September schon angedroht.
42 Murphy an Byrnes, 16. 12. 1945; FRUS 1945 Bd. 3, S. 920 f.
41 Zu den Etappen, die hier nicht detailliert verfolgt werden, siehe u. a. Deuerlein, Obstruk
tionspolitik; Willis, The French, S. 26 ff. Laufende detaillierte, meist telegraphische Berich
te des GFCC an MdAE und Baden-Baden in MdAE Y (1944—1949) 453—454.