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Zur gleichen Zeit nahm die für den monetären Schwarzmarkt verfügbare Liquidität
weiter zu. Seit Anfang 1946 konnten die Besatzungsangehörigen ihren in Besatzungs
mark ausgezahlten Sold und die auf dem Schwarzen Markt gegebenenfalls zusätzlich
„verdienten“ Markbeträge nicht mehr unbeschränkt in die Heimat transferieren,
sondern waren gezwungen, sie in Deutschland zu verbrauchen. Auch wenn die in die
deutsche Zirkulation geflossenen Gelder in ihrem Umfang nicht überschätzt werden
sollten, trugen sie zu der Vergrößerung des Schwarzen Marktes doch in dem Augen
blick bei, als dort auch die Kriegsersparnisse zunehmend eingesetzt wurden. Umge
kehrt entfiel diese zusätzliche Liquidität, als die Soldzahlung in Besatzungsmark im
Februar 1947 eingestellt wurde, wiederum zu einem Zeitpunkt, zu dem dies die
innerdeutschen Tendenzen verstärkte: den oben beschriebenen Beginn des „Aus
trocknens“ des Schwarzen Marktes im Verlauf des Jahres 1947. Auch dieses spiegelt
sich in der Preisentwicklung.
Aus Tabelle 4 sind für die Interpretation der Preise die Höchstangaben in diesem
Fall in der Regel auszuscheiden, weil sie meist für Baden-Baden galten, 54 also für den
Teil des Schwarzen Marktes in der französischen Zone, der am stärksten vom ge
werblichen Schwarzhandel und von der Besatzungsmacht, nicht vom „privaten“
Schwarzhandel beherrscht war. Insgesamt ergibt sich seit Herbst 1946 eine eher
konstante, zeitweise auch rückläufige Entwicklung der Schwarzmarktpreise für die
wichtigeren Güter, die besonders im Vergleich zu der Hyperinflation nach dem
I. Weltkrieg bemerkenswert ist. 55 Einzelne Sonderentwicklungen hatten unterschied
liche Gründe: abgesehen von möglichen Fehlern in der Statistik hing die Preisent
wicklung im lokalen Rahmen u. a. davon ab, wie weit die offiziell zugeteilten
Rationen tatsächlich ausgegeben oder ob Sonderlieferungen aus legalen, illegalen
oder internationalen Hilfsquellen zugänglich wurden; eine Verbesserung der Versor
gungslage ließ die Schwarzmarktpreise sinken. Ende 1947 gingen Volumen und
Preise beispielsweise noch einmal zurück, weil die seit Ende 1946 verstärkt verkauf
ten privaten Wertgegenstände in sicherer Erwartung der Währungsreform nun wie
der stärker zurückgehalten wurden. 56 Da solche Sonderentwicklungen bei der Inter
pretation der Preisschwankungen zu berücksichtigen und diese daher eher noch
geringer zu bewerten sind, bietet sich insgesamt ein Bild der Preisentwicklung, das
angesichts der allgemeinen Bedingungen eines solchen gleichgewichtslosen Systems
als relativ stabil zu bezeichnen ist. Ähnliche Beobachtungen wurden auch in der
britischen und amerikanischen Zone gemacht. 57 Dort lag das Preisniveau allerdings
insgesamt höher, worauf im Zusammenhang mit dem interzonalen Kompensations
und Tauschhandel zurückzukommen ist.
54 In anderen Teilen Deutschlands lagen die Schwarzmarktpreise z. B. in Berlin gleichfalls sehr
hoch; vgl. Mendershausen, Prices, S. 653. Methodisch ist es daher problematisch, wenn als
Beispiel für den Schwarzmarkt in der Literatur häufig Berlin angeführt wird. Vgl. auch unten
Anm. 86.
55 Zu diesem Vergleich, der hier nicht weiter vertieft werden kann, siehe u. a. Mendershausen,
Recoveries; Borchardt, Erfahrungen mit Inflationen; Schmölders, Geldpolitik.
56 Schwarzmarktbericht für November 1947.
51 Zu Bayern vgl. Aderbauer, S. 21 ff., mit Preistabelle für den Münchener Schwarzmarkt Juni
1946-April 1948.