Full text: Studien zum Meistersinger Jörg Schiller

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ja das weltlich-sündige Treiben aufgeben. So geben der Papst 
und die ihm 'untergeordneten Gewalten ein seltsames Vor¬ 
bild, sie streben in vbermüte (IX12). 
Bei der Schilderung der weltlichen Stände und ihres sün¬ 
digen Lebens erhält, wie gesagt, der Kaiser direkt keinen Ta¬ 
del; an einigen Stellen könnte er allerdings, ohne daß der 
Dichter ihn besonders nennt, mitgemeint sein. Den Fürsten, 
großen Herren, Gewaltigen und Reichen aber wird in der 
Hauptsache vorgeworfen, daß sie der vngerechtigkeit nit we- 
ren; sie sind überhaupt in ihrer exponierten Stellung die Ur¬ 
heber aller bösen Zustände; sie streben wie die geistlichen 
Gewalten in vbermüte (IX12); zw sünd send sy verwylget 
(I10). Der Dichter faßt (M10) zusammen: 
„Also halten sich yetzvnd die geistlichen 
die gwaltig vnd dy reichen, 
kein sünd strafen sie nit 
sie haben selbs den sit.“ 
Der übrige Adel dagegen kommt ziemlich gut bei dieser' 
großen Anklage, aus der zum großen Teil ja J. Schs. 'Werk 
überhaupt nur besteht, weg. An Stellen wie HI2: „mit kriegen 
vnd mit reysen“ oder I'H9: „wer eynem nimpt sein leben“ (ira) 
wäre die beste Gelegenheit gewesen, Faustrecht, Raubritter¬ 
tum usw. zu bekämpfen. Es wird nicht getan. Der Adel ist 
im Gegenteil für die Kunst und im feinen Benehmen, in der 
Kleideimode usw. vorbildlich. Nur einmal heißt es an einer 
Steile, wo Frau 'Ehre sich darüber beklagt, daß alle von 
ihr abgefallen sind: 
Der gaistlich stat acht mein nit ser 
So haitt der ad'el schand für Er14) 
Die gemain hatt ires hertzen ger 
Von mir ge rieht (VI5). 
14) Vielleicht ist diese Stelle auch mit Bezug auf die Türken¬ 
gefahr zu erklären, die a. 1460 (nach dem Falle Konstantinopels) 
„bedrohlich anwuchs, die es aber trotzdem nicht vermochte, daß ein 
deutsches Heer gegen die Ungläubigen geführt wurde (trotz anfäng¬ 
lich starker Kampfbegeisterung)“- Denn aus dieser Zeit stammt das 
Gedicht nr. VI ja ungefähr (s. o.).
	        
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