49
Meisterlieder in Schillertönen erweisen danach eine Bekannt¬
schaft mit Schillerschen 'Weisen von 1474—1687; aus dem
letzteren Jahr wird nämlich in d'en Nürnberger Meistersinger¬
protokollen der Vortrag des Gedichtes im 'Schiliterton. „Zu och-
senfurt da sass“, gesungen von C. Beckh, bezeugt. So wird
die Angabe bei Wagenseil, daß man zu seiner Zeit (1697) in
Nürnberg noch im „süßen Ton“ J. Schs. singe, auch durch
ein einzelnes Beispiel belegt. Die zahlreichen Dicht- und Sing-
iibungen — letztere sind meist nicht in meiner Tabelle aufge¬
führt, da die vorgetragenen Lieder fast stets uns schon be¬
kannt sind — in Schillertönen während des ganzen 17. Jhdts.
(siehe Tabelle, 44 X) lassen vermuten, daß unser Meistersinger
auch noch im 18. Jhdt.71) und bis zum endgültigen Aufhören
des Meistergesangs bekannt war.
III. Kapitel.
Wenden wir uns nun zur Beschreibung der Sprache J.
Schillers, so wissen wir aus den bisherigen Erörterungen, daß
nur eine oberdeutsche Mundart in Frage kommt. Hat J. Sch.
also bayrisch oder alemannisch, nord-, mittel- oder südlbay-
risch, nieder- bezw. hochalemannisch oder schwäbisch, west-
•oder ostschwäbisch gesprochen? Die Beantwortung dieser
Frage wird uns dann wohl berechtigen, danach auch die wei¬
tere und engere Heimat unseres Dichters zu bestimmen. Da¬
bei kann sich meine Untersuchung nur auf den Dialekt des
Reimgutes beziehen, vor allem auf die Stammsilbenvokale der
Reimwörter, sodann auch auf auffällige konsonantische und'
flexivische Erscheinungen. Ich gehe im folgenden immer auf
die im Mhd. entsprechenden Vokale und Formen der gege¬
benen Reimwörter zurück und stelle in verschiedenen Gruppen
die, vom mhd Standpunkt aus betrachtet, unreinen bezw. un¬
genauen Reime zusammen, um so die sprachliche Weiterent-
71) Also selbst noch in den Zeiten Friedlich Schillers!
4