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Handlung einigermaßen zu verfolgen. Eben diese notwendige
Rücksichtnahme auf einen Teil des Publikums, der zwar meist
mit dem Stofs, nicht aber mit der Sprache der Aufführung
vertraut war, bestimmt den Stil der Ausführung natürlich ganz
wesentlich: er fordert Verstärkung des schauspielerischen Aus¬
drucks, einen Realismus, der durch die von Birck angeführten
Beispiele durchaus bestätigt wird. Auch beim Passionsspiel
auf offnem Markt war das Wort untergeordnet, die Geste
der eigentliche Vermittler des Ausdrucks, und diese parallele
Voraussetzung bringt ein starkes mittelalterliches Element in
den Darstellungsstil hinein, das im Räumlichen in der Ein¬
beziehung realer Lokalitäten seine Entsprechung findet.
3. Kostüm und Sprache.
Eine Bestätigung für die Sorgfalt, die aus die sichtbaren
Bestandteile des Spieles verwandt wird, liefert die Verwendung
des Kostüms: Susanna tritt verschleiert vor das Gericht (797),
und Judith geht in vollem Schmuck in das feindliche Lager,
nachdem sie in Sack und Asche gebetet hat (IV, 3, 4), Achior
wird an seinem Gewand als Fremder erkannt (Jud. II/1),
und auch die lyrischen Gesandten und das Gefolge der Königin
von Saba fallen an Salomons Hof durch ihre Kleidung auf
(IV/1, V/2).
Das Renaissance-Element im Darstellungsstil ist insofern
stärker mit dem Räumlichen verknüpft, als der Schauspieler
von sich aus die Funktion des Raumabschnittes zu bestimmen
hat. Das Mittel aber, das ihn zu diesem Ziel führt, ist das
Wort. Die Sprache ist für die Schauspielkunst der Renaissance
das Primäre.
Bestimmend für die Schauspiel-Technik des Schultheaters
sind also schulmäßige Bemühung um rhetorischen Ausdruck und
andrerseits Notwendigkeit, auch unabhängig vom Sprachlichen
die Handlung einprägsam öar3idtdlett182.
3. Beziehung zur Bildkunst
Da die Dramen selbst kaum Aufschluß über Einzelheiten
des Spieles geben, wäre es sehr bedeutungsvoll, wenn es
gelänge, an diesem Punkte die Beziehung zur Bildkunst her¬
zustellen.
Bei den besonderen Schwierigkeiten, die sich der Be¬
stimmung und Auswertung früher Theaterbilder und theatra-
182. Näheres bei H e r r m a n n S. 256 ff.