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In gleicher Richtung geht der Weg, den Birck bei der
Bearbeitung des nächsten vom Deutschen ins Lateinische über¬
tragenen Stückes, der Judiths, einschlägt: Unterteilung der
fünf Akte, die sich aus der deutschen Fassung ergeben, in
Szenen und Erhöhung der Personenzahl.
Von entscheidender Bedeutung ist die Tatsache, daß bei
der Bearbeitung der Dramen die Bühnenvorstellung keine Ver>.
änderung erfährt. Die unveränderte Uebernahme der Bühneu--
form von der deutschen in die lateinische Fassung ist so auffal¬
lend, daß die Vermutung, Birck habe sich schon in den letzten
Basler Jahren, also während der Tätigkeit am Pädagogium
mit der Uebertragung der Stücke beschäftigt, die Volte mit
der Annahme des Druckjahres 1536 für die ausspricht,
nicht unbedingt abzulehnen ist. Der technische Einschnitt liegt
jedenfalls nicht zwischen der deutschen und der lateinischen Pro¬
duktion, sondern er bildet die Grenze zwischen der Judith und
De vera nobilitate.
Woher Birck die neue Anregung zu einem Drama in hu¬
manistischer Form erhielt, wurde bereits ausgesprochen; die
Augsburger Tradition gab mit Grünpecks und Pinicians Spielen
das Vorbild solcher Komödien. Dazu wird gerade in diesen Jahren
die genauere Kenntnis der niederländischen neulateinischen Dra¬
matik gekommen sein. Der Versuch, ein Streitgespräch in eine
Schulkomödie zu verwandeln, nimmt innerhalb Bircks gan¬
zem Werk eine Ausnahmestellung ein: De vera nobilitate
ist in Prosa abgefaßt, es behandelt kein biblisches Thema; auch
gibt es hier keinen Titelhelden. Birck stellt den Dialog des
Bonagarsus PistoriensiZdo ,,Vom wahren Adel" in den Mittel¬
punkt und baut um sie herum eine Spielhandlung in fünf
Akten mit Chören.
Die ganze Behandlung deutet auf ein erneutes und ver¬
stärktes Bemühen um das humanistische Drama, in vielen
89. Der Druck der Judith ist undatiert. Die häufig auftauchende Er¬
wähnung eines Druckes von 1536 geht auf einen Irrtum zurück. Au -
b u r t i n S. 153: „In dem Katalog der Wiener Theaterausstellung vom
Jahre 1892 findet sich auf S. 27: Birck, Judith, Basel bei Lasius unh Pla-
ter, März 1536. Als Standort des ausgestellten Druckes wird das Wiener
Schotteustift angegeben. Auf dieser Bibliothek befindet sich das Werk nach
emer bestimmten Aussage der Verwaltung nicht; auf eine Anfrage an die
Verfasser des Katalogs ... kam die Antwort, der unerklärliche Buchtitel
sei wahrscheinlich ein Irrtum . . .; aus dem Katalog ist dieser Irrtum in
Voltes Einleitung zu seiner Lusanna-Ausgabe übergegangen." Der un¬
datierte Druck, der aller Wahrscheinlichkeit nach die'Erstausgabe ist, läßt
sich durch die Erwähnung einer vor sechs Jahren stattgefundenen Susanna-
aufführung im Vorwort auf 1538 datieren.
90. Buonaccorsi da Montemagno, gest. 1429. — S ch ö b e r l S. 29.