Vorwort
Der entscheidende Umschwung, den Luthers Auftreten und
Lehre für die Geschichte der Meisterkunst bedeuten, gewährt für eine
kritische Betrachtung des Meistergesangs im 15. und 16. Jahr¬
hundert die fruchtbarsten Unhaltspunkte. Deshalb beschränkt
sich die vorliegende Hrfceit darauf, die allgemeine geschichtliche
und künstlerische Entwicklung der Meisterlyrik innerhalb dieser
wichtigsten Epoche darzulegen, von der formalen Leite des
Meistergesangs: Tabulatur und musikalischer Ausarbeitung,
wurde ebenso abgesehen wie von einer Erörterung der drama¬
tischen Produktion der Meisterschulen.
Die gedruckten Duellen, aus denen die Untersuchung schöpft,
fließen spärlich genug, soweit einheitliche Sammlungen von Meister¬
liedern in Betracht kommen. Ein Auszug aus der Uolmarer
Liederhandschrift, der zudem fast ausschließlich Erzeugnisse aus
den ältesten Zeiten des Meistergesangs enthält,- die Meister¬
gesänge des Hans Holz; ein paar Bände Hans Lachssischer
Dichtungen, zumeist Lchwanklyrik: das ist alles, was an Meister¬
liedern in Buchform vorliegt. Hlles Übrige ist in Aufsätzen,
Abhandlungen, Zeitschriften verstreut. Auch Goedekes verdienst¬
volle vorarbeiten haben keinerlei wissenschaftlich ergiebige Ein¬
zeldarstellungen von Meistersängern angeregt. Die zahlreichen
von Johannes Balte veröffentlichten Meisterlieder sind größten¬
teils vom Gesichtspunkte des literar- oder kulturgeschichtlichen
Interesses aus gewählt und daher angetan, zu einseitiger Beurteilung
der Meisterlyrik zu veranlassen. Das Gleiche gilt für die von
Goetze und Dresche.' herausgegebenen Schwanklieder des Hans
Lachs, die doch nur einen Bruchteil der lyrischen Gesamtproduktion
des Dichters ausmachen. Schon aus diesem Grunde schien es
geraten, einige Handschriften heranzuziehen,' es waren dies: für