Full text: Zur Entwicklung und Bedeutung des deutschen Meistergesangs im 15. und 16. Jahrhundert

und das zweite Lied besteht nun gar aus Strophen, deren 29 
Verse sämtlich auf einander reimen- außerdem sind die Reime aller 
drei Strophen männlich und haben sämtlich den Stammvokal a; 
diese Künstelei ist, wie die Überschrift zeigt, aus einer wette 
hervorgegangen*). 
welches ist nun das Ergebnis unsrer Untersuchungen zur 
Poetik der Meistersinger? Lediglich das Eine konnte festgestellt 
werden: daß eine von allen anerkannte Regel oder ein be¬ 
stimmtes Maß in der Abgrenzung der Ztrophenzahl oder der 
Schlußbetrachtung oder in dem Verhältnis der Strophen und 
Ztrophenteile zu einander, in der Einheit des Verses oder der 
Bindung der Reime nicht existierte- daß es neben manchem Treff¬ 
lichen, das einem wahren, unreflektierten Gefühl entsprungen 
war, viel Unwahres, Natur- und Runstwidriges, Schrullenhaftes 
und Überspanntes gab und manches, was mit den Vorschriften 
der Tabulaturen in Widerspruch stand: daß in technischer Be¬ 
ziehung von einem grundsätzlichen Unterschiede der Jahrhunderte 
ebenso wenig gesprochen werden kann wie von einem solchen 
zwischen den einzelnen Dichtern, ja daß mancher Dichter (wie 
Beheim und Grast) in seiner Person und Dichtung Widersprüche 
vereinte, die uns ein genau fixiertes Urteil unmöglich machen, 
die uns aber doch auch zeigen, wie verkehrt es wäre, von einem 
die Individualität vernichtenden Regelzwange des Meistergesangs 
zu sprechen, da doch wenigstens im Unkünstlerstchen und Ab¬ 
surden eine überaus große Mannigfaltigkeit nicht geleugnet 
werden kann. 
l) 20 gleiche Heime nach einander hat schon die Strophe des Hanzlers: 
v. d. st a g e n s Minnesinger Il394. 13.
	        
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