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ÍDenn auch bei den Meistern des 17. Jahrhunderts keinwandel
zum Bessern eintrat, so lag das, abgesehen von dem Mangel an
Dichterperfönlichkeiten, vor allem daran, daß dem Meistergesänge
kein neues Stoffgebiet eröffnet wurde; denn-die Bibelparaphrase
darf höchstens in der Kulturgeschichte, nicht aber in der Geschichte
der Dichtkunst einen Platz beanspruchen, und der künstlerischen
Gestaltung eines Zchwankstoffes zeigen sich doch nur die aller¬
wenigsten Dichter gewachsen. Ñus dem Ñnfange des l 7. Jahr-
Hunderts sei nur Ñmbrosius Metzger genannt (etwa von 1623
bis 1633 tätig), von dem wagenseil die „Hreiung" abdruckt,
einen Zyklus von zwölf Baren, versifizierte Prosa, die uns das
handwerksmäßige dieser Kunst so recht zum Bewußtsein bringt.
In der Zchwankdichtung leistet Metzger, der seinen zahlreichen
Tönen die seltsamsten Namen zu geben beliebte, Erträglicheres:
hier schließt er an Sachs an und weiß zuweilen eine lustige Ñnek-
dote lustig zu erzählen^.
Schon diese kurze chronologische Übersicht, die freilich den haupt¬
dichter, Hans Sachs, nicht einbezieht, zeigt, daß es eine geschicht¬
liche Weiterentwicklung des Meisterliedes im verlause des 16. Jahr¬
hunderts nicht gegeben hat. Stoffumfang und künstlerische Ge¬
staltung sind zu Beginn des 17. Jahrhunderts genau die gleichen
wie in den ersten Jahren der Keformation. Zu der stofflichen
Umgrenzung der Meisterlyrik des 15. Jahrhunderts, die ja im
wesentlichen theologischer Ñrt war, gesellt sich im 16. Jahrhundert
die textliche Gebundenheit an die Lutherbibel. wobei einem Be-
heim oder Holz bildlicher Ñusdruck und selbst tieferes Nachdenken
l) z. B. Luphorion Bb. 7 (19Q0) S. 225 ff.; EDeim. Festschr. S. 70, beide
Gedichte von Balte abgedruckt. — von sonstigen Uteisterliedern aus
dem Beginn des 17. Jahrhunderts seien noch angeführt: zwei Lieder von
Heinrich lv o l f f über zeitgenössische Ereignisse (die Ermordung tvallensteins
und den Sieg des sächsischen Generals ñrnim bei Liegnitz), abgedr. von
Balte im Liter. Zahrb., Eger 1895, Bd. 5 S. 20 —24; ein anderes Gedicht
desselben Verfassers mutet mit seinen einsilbigen Versen geradezu wie eine
Parodie anwart mann, Deutsche Meisterlieder-lffs. i. Ungarn 5.96); ein
Lied Georg I ch i n g e r s singt in drei Gesätzen und drei verschiedenen
Tönen das Lob der Reformation bei ihrer ersten Zentenarfeier; ein Gedicht
„Die fröhlich Meyenzeitt" enthält in der ersten Strophe eine lyrische Schil¬
derung des Frühlings, geht dann aber zu religiösen Betrachtungen über
(S t r e i n z , Zur Gesch. d. Mstrgsgs i. Straßburg, i. Zahrb. f. Gesch. etc.
Els.-Lothr., 9. Iahrg., 1893, S. 76 ff.).