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und Gleichgültigkeit verkommenen geschildert, der in andern Liedern
alte Motive des Volksliedes künstlerisch verwendet oder die Jung¬
frau Maria um Vergebung seiner schweren Sünden angefleht hatte,
wurde ein engbrüstiger Meistersinger und Tendenzdichter, der für
Luther Partei nahm, den katholischen Klerus angriff, den Papst
bekämpfte und Friedrich den Meisen feierte. Vas einzige weltliche
Gedicht aus dieser zweiten Periode ist ein Scheltgedicht gegen
die falschen Zungen.
heftige Polemik gegen die katholische Geistlichkeit wird
überhaupt zur Mode: ein Gedicht') Niclas Manuels, schlecht
gereimt und grob, aber in volkstümlichem Tone gehalten, sei
als Beispiel dieser Gattung genannt. Andere Dichter wie Hans
Gber^) legen in ihren Liedern populär-wissenschaftliche Bbhand¬
lungen religiösen Inhalts nieder, aber selten findet sich ein ori¬
gineller Zug wie in dem Liede von Pamphilius Gengen dach,
in dem der zweite Schächer am Kreuze dem in der Hölle darbenden
Adam die Erlösung der lvelt berichtet). Nur hin und wieder
gelingt einem Meister ein schlichtes Kirchenlied, wie wir von
Friedrich Zöllner eins besitzen, der auch sonst in religiösen Ge¬
dichten die Diktion und metrische Form des Thorals beherrscht).
Das folgende Vierteljahrhundert brachte den Meistersingern
in Nürnberg im Jahr 1540 ein Druckverbot für Meistergesänge,
in Mainz gar von ca. 1536-1562 ein Singeverbot: die die Buf-
sicht führenden städtischen Negierungen sahen wohl aus politischen
Gründen das eifrige Eintreten der Handwerker für die Nefor-
mation nur ungern^); und so sind der sicher datierbaren Meister¬
gesänge aus dieser Zeit noch weniger als aus den früheren
Perioden. — Tin typischer Vertreter des Meistergesangs dieser
Jahrzehnte war der in Magdeburg wirkendende Valentin Voigt
0 wackernage! Bö. 3 Nr. 473.
h Ebenda Nr. 567.
3) p. Gengenbach, Hrsg. v. K. Goedeke, Hannover 1856, S. 39 ff-,
541 ff.
4) Neide Lieder find wahrscheinlich aus dem Jahre 1525. Berliner
Hs. 5. 394 ff., 397f.; ein weiteres Lied des Verfassers s. Bert. Hs. 5. 69 ff.
-') Sch norr v. Garolsfeld a. a. (D. S. 31; Noth, Atschr. f. Nulturgesch.
<E. Bö. (1896) S. 267 ff.