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bizarr zu reden verstand, in dem tragischen Konflikt von Wollen
und Können langsam aufrieben.
Staunenswert ist bei Beheim die Hülle der Produktion und
die Mannigfaltigkeit der Stoffe. Er ist in dieser Beziehung für
das 15. Jahrhundert, was Hans Sachs für das 16. ist. wir
finden bei ihm neben Gedichten über seine eigene Person Sieder
über die Dichtkunst, über Dinge der scholastischen Dogmatik,
ferner Legenden und Parabeln, religiös-didaktische Sieder, all¬
gemein Moralisches und Strafgedichte gegen bestimmte Personen
oder Stände, über astronomische Dinge, Scherz- und Spottgedichte,
Schwänke.
Durch Eine Gruppe von Liedern unterscheidet sich Veheim
aber von seinen sämtlichen Zeitgenossen: er hat Paraphrasierungen
von Bibelkapiteln vorgenommen, wörtliche Bearbeitungen der
Schöpfungsgeschichte und der Sebensgeschichte Jesu, wie wir sie
sonst nur bei den protestantischen Meistern des folgenden Jahr¬
hunderts antreffen: dadurch wird Beheim als eine einzigartige lite¬
rarische Erscheinung der vorreformatorischen Epoche gekennzeichnet.
Mit Hans Sachs trifft er außer in der Hülle seiner Stoffe
noch in einem andern Punkt überein: bei ihm, wie bei jenem
überwiegt die weltliche Meisterdichtung die geistliche und zwar
etwa im selben Verhältnisse: von 353 Meisterliedern Beheims,
wie sie in der Heidelberger Handschrift und in dem gedruckten
Material vorliegen, zähle ich 194 weltliche und 161 geistliche —
wobei die Scheidung freilich nicht immer zweifelsfrei durchzu¬
führen war.
Beheims historisches Interesse zeigt sich in einer Reihe von
umfangreichen Gedichten, in denen er etwa das Haus Habsburg,
die Türkenkriege oder die Universität Wien zum Teil mit munterer
Rnschaulichkeit besingt. In seinen Strafgedichten zeigt er Ver¬
wandschaft mit Muskatblut, nur daß Beheim geradezu wahllos
alle Stände, Geschlechter und Lebensalter angreift und dabei
seine Polemik gegen einige ausgewählte Laster oder etwa den
jüdischen Glauben mit wütender Gründlichkeit in ausgedehnten
Zyklen niederlegt, die an vintlers ,,Blumen der Tugend" (1411)
und mehr noch an den um hundert Jahre älteren „Renner"
Hugos von Trimberg erinnern.
In seinen Parabeln, in denen er die Torheit und Schlech-