Zug, begleitet von 200 Mann der preu^ifchen Beladung, unter Kanonen¬
donner und Glockenkiang, Mufik an der Spitze, zur neuen Kirdie.
Der erfte Geiftliche der Stadt, Infpektor Röchling, entwickelte in einer
trefflichen Rede die F'olgen diefer frohen und unvcrge^Üdien Märztage,
welche Europa den Frieden zurückgegeben hatten. Hierauf erfdiallte
unter dem Donner der Gefdiühe das ergreifende: „Herr Gott, Dich
loben wir“, das nie in fo gehobener Stimmung in diefer Kirdie ge¬
lungen worden war. Den freudigen Tag befdilo^ eine allgemeine
Illumination beider Städte, Das Stadthaus, die Kreisdirektion, das
Tribunal, die neue Kirche erglänzten in fchöner Beleuchtung, gefchmückt
mit Transparenten, auf welchen die Gefühle über die Wiedervereinigung
mit Dcutfchland durch finnige Sprüche ausgedrückt waren.
Freilich erlebten die Bürger von Saarbrücken eine fchmerzliche Ent-
täufchung. als wider aller Erwarten ihre Stadt im Parifer Frieden vom
30. Mai 1814 bei Frankrcidi belaifen wurde. Am 25. Auguft mu^te
Feftgottesdienft zur Feier des Namenstages des Königs Ludwigs XVIII.
gehalten werden, und am 21. Januar 1815 wurde eine Gedäditnisfcier
für den am 21. Januar 1793 hingerichteten König Ludwig XVI. ver-
anftaltet. Aber am 1. März 1815 landete der nach der Infel Elba
verbannte Kaifer Napoleon an der Südküfte Frankreidis und zog am
20. März in Paris ein. Am 26. März wurde ein Feftgottesdienft mit
Tcdeum zu feinen Ehren in der Ludwigskirche gehalten. Aber am
18. Juni wurde Napoleon bei Waterloo entfeheidend gefchlagcn, und
am 10. Juli traf der preuljifche Staatskanzler Fürft Hardenberg in
Saarbrücken ein. Im Gafthofe zur Poft (in der Wilhelm-Heinrich-
Stra^e) überreichte ihm eine Abordnung der Saarbrücker Bürger eine
Denkfchrift und fpradi den Wunfdi der Bürgerfdiaft aus, mit Deutfdi-
land und zwar mit Preußen vereinigt zu werden. Und als der Fürft
erklärte, diefen Wunfch bei feinem Könige befürworten zu wollen,
kannte der Jubel keine Grenzen. Das Volk wogte durch die Strafen,
vaterländifdie Lieder ertönten, und an dem hohen Turm der Ludwigs¬
kirche las man in Feuerzügen den Namen Hardenberg. Am folgen¬
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