9. DIE EVANGELISCHE UNION
Das heutige Gefchlecht ift fidi des Unterfchiedes zwifchen Lutheranern
und Refoimierten kaum bewußt; aber es gab eine Zeit, da fidi
Lutheraner und Reformierte fchärfer bekämpften als Evangeliche und
Katholiken, Auf dem Henkerichwert, mit dem i, J. 1601 der kur-
fächfifche kalviniftifch gefinnte Kanzler Kreil hingerichtet wurde, flanden
die drohenden Worlc: „Cave, Calviniane I“. (Hüte Dich, Calvinìft!),
und der Lìederdiditer Paul Gerhardt wurde von dem großen Kurfürften
Friedrich Wilhelm von Brandenburg feiner Aemter entfett, weil er fidi
weigerte, fidi zur Nichtbekämpfung der Reformierten von der Kanzel
aus zu verpfliditen.
Dal} der Gegenfah zwifdien Lutheranern und Reformierten auch hier
in Saarbrücken ziemlidi ftark war, zeigt die folgende Bcfdiwerde des
reformierten Pfarrers Zimmermann an das Konfiftorium zu Saarbrücken,
Hochfürstliches, hochverordnetes Consistorium !
Demnach Sermi nostri hochfürstl. Durchlaucht unterm 29ten Dee. 1754 Gnädigst
zu verordnen geruhet haben, dalj lediglich auf das Geschlecht der Kinder aus
vermischten Evangelischen und reformierten Ehen gesehen, mithin die Söhne des
Vaters und die Töchter der Mutter Religion folgen, darinnen getauft, erzogen
und confirmirt, dargegen aber auf keine widrige Ehe- oder andre pacta
reflectirt, sondern selbige vor unzulässig, verbotten, null und nichtig gehalten,
und alle dessfalls machende Einwendungen als unerheblich gänzlich verworfen
werden sollen,
So ist auch diesser Gnädigsten Verordnung zuwider das Söhngen des reformirten
hiesigen Bürgers und Wcinhändlers Hermann am 23ten Juni 1778 in der Evange¬
lisch Lutherischen Kirche getauft worden, wogegen aber der damahlige reformirte
Pfarrer Schwebel sogleich die beschwehrende Anzeige an das hochfürstl. Con¬
sistorium gethan und sich ein Urtheil über diessen Vorgang ausgebeten.
Es erfolgte hierauf unterm 6. Marfii 1779 Serenissimi wiederhohlte Verordnung,
dass es schlechterdings bey denen gnädigsten Landes-Verordnungen vom 29ten
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