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gang über die Brücke wieder erlaubt sei und ich keines Erlaubnis¬
scheins weiter bedürfe. Glauben Sie wohl, mein Freund, daß ein
16 jähriger Fähndrich von andern Truppen gegen einen armen
Bürgerlichen und in Feindes Land so wie diese beiden, Oberst und
General, gehandelt haben würde?
Als unsrer Stadt die Bezahlung der ungeheuren Summe von
einer Million Livres angesetzt war und die Repräsentanten die
Drohung bekannt gemacht hatten, daß, wenn solche nicht in der
bestimmten Zeit berichtigt wäre, militärische Haussuchung verfügt
und derjenige, bei welchem man einen einzigen zurückbehaltenen
Laubthaler finden würde, vor seiner Hausthüre ohne Gnade er¬
schossen werden sollte, fragte ein vornehmer Offizier seinen Wirth,
einen meiner Freunde, ob er Geld vorräthig habe und solches ab¬
liefern würde? Dieser bejahte das erste, entwickelte ihm aber dabei
seine Lage, welche ihm die Trennung von seinem Geld ohnmöglich
mache. Der Offizier warnte ihn: „On est terrible dans ce Mo¬
ment." Als jener aber darauf bestand, ließ er sich die Summe
und Geldsorten genau angeben, führte ihn in sein Zimmer, zeigte
ihm seine Chatouille, legte den Schlüssel dazu an einen sichern Ort
und wies ihn an im Fall einer Haussuchung das Geld durch seine
Gattin in die Chatouille werfen zu lassen, da er es fyimi für das
seinige ausgeben wolle, ein Dienst, den in Frankreich nicht jeder
Bruder dem andern geleistet haben würde.
Eben der Oberst, der sich wegen dem Erlaubnisschein für mich
verwendet und der erst einen Tag bei mir gewohnt hatte, erkundigte
sich alsbald nach jenem Vorfall bei mir, ob denn Brodmangel in
der Stadt herrsche? und da ich ihm solches versichert und die
Ursachen davon erklärt hatte, gab er alsbald den Befehl, daß ihm
seine Portionen Brod, Fleisch und übrige Lebensmittel, die er aus
dem Magazin zu fordern berechtigt war, geliefert werden sollten,
welche er mir mit den verbindlichsten Ausdrücken anfnöthigte. Dieses
haben auch viele andre Offiziers gethan und dadurch der äußersten
Noth mancher rechtschaffenen Familie besonders unter der fürst¬
lichen Civildienerschaft gesteuert, welche Classe von Einwohnern un¬
streitig die unglücklichste war, und leider! noch ist, da sie schon so
lange ihre Besoldung entbehren muß, und diese nicht so reichlich