Full text: Die Franzosen in Saarbrücken und den deutschen Reichslanden im Saargau und Westrich

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schnell war ein Heer von 30000 Mann auf den Beinen, und 
eben so schnell in mehreren Colonnen auf dem Marsch nach unsern 
Grenzen. So geschwind das Gerücht solche Vorfälle zu verkünden 
pflegt, so übereilte es doch hier die Colonne, welche nach Saar¬ 
brücken zog, nur um eine kurze Zeit, und kaum hatten wir uns 
von der ersten Bestürzung, welche diese Nachricht erregte, erholt, 
so trafen die Vertheidiger und Lehrer der Freiheit bei uns ein. 
Es war ein Corps von wenigstens 10000 zu Fuß. Ein buntes 
Gemisch von Linientruppen, Nationalgarden und Volontairs, und 
einige tausend Mann Cavallerie. Letztere wurden in die beiden 
Städte und einige Dörfer am linken Saarufer gelegt, die Fu߬ 
völker aber mußten am rechten Saarufer auf einer Anhöhe bei 
Malstatt ein Lager beziehen, weil sie uns ihre Gegenwart auf 
einige Zeit schenken und Rasttag bei uns halten wollten. Ohne 
Zweifel wünschen Sie, mein Bester, zu wissen, wie wir uns bei 
diesem unerwarteten Besuch, wie sich unsre Gäste gegen uns be¬ 
trugen? und ich will Ihren Wunsch befriedigen. Die Fürstliche 
Regierung gab sich alle mögliche Mühe für die Verpflegung der 
Truppen zu sorgen, und da jedermann sich bestrebte sie zu unter¬ 
stützen, so that solche in Betracht der kurzen Zeit selbst nach dem 
Urtheil aufrichtiger Franzosen Wunder. Die Einwohner beider 
Städte Geeiferten sich, ihre ihnen in reichem Maaß zugetheilten 
Gäste aufs beste und unentgeltlich zu bewirthen. Hierdurch glaubte 
man ihre Großmuth zu reizen und sich eine gute Behandlung zu 
erkaufen. Verschiedene Einwohner der Stadt St. Johann gingen 
noch weiter, glaubten, daß ein Freiheitsbaum eine Aegide gegen 
französische Ausgelassenheit und Raubbegierde sein würde, und 
einige Stunden nach dem Einmarsch der Franzosen streckte auf 
dem Marktplatz die schönste Fichte des Bürgerwaldes ihr rothbe- 
mütztes Haupt empor. Jeder Hut wurde mit einer National-Co¬ 
carde geziert, und ad captandam benevolentiam wurde beim Ein¬ 
marsch der Franzosen hier und da das vive la république! aus 
einigen deutschen Kehlen herausgewürgt. Aber einige Tugenden 
der alten Republiken scheinen der jüngsten Schwester noch zu 
fehlen, wenigstens Urbanität, Großmuth und Dankbarkeit. Nichts 
half Wein und Braten, nichts ein weiches ungewohntes Bette,
	        
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