Erster Lries.
Saarbrücken den 31. Oct. 1792.
Theuerster Freund!
Fisher lebten wir in einer beneidenswerthen Ruhe. Kein deut¬
scher, kein französischer Soldat hatte unsre Stadt betreten. Nur
die öffentlichen Blätter verkündeten uns die Kriegsvorfälle, Long-
wy's und Thionville's Belagerung der dumpfe Schall der Kanonen¬
schüsse. Während Feuer und Schwert und Hunger in der lausigen
Champagne Menschen würgten, aßen und tranken und schliefen
wir ruhig, wünschten dem gefallenen deutschen Bruder seelige
Ruhe, den Septembrisirern den Lohn ihrer Thaten und bemitlei¬
deten die unglücklichen Bewohner jener jetzt doppelt traurigen Ge¬
genden. Unsre durch nachbarliches Beispiel und nachbarliche Auf¬
hetzung entstandenen einheimischen Fehden waren größtenteils ohne
Pulver und Blei, mit Federspulen und einem großen Aufwand
von Dinte und Papier unblutig ausgefochten; und wir wähnten
nach befestigter innerer Ruhe auch im Genuß derselben von außen
zu bleiben, ahnten nicht, daß wir des Krieges-Schauplatzes Nach¬
barn werden würden.
Aber wie sehr haben wir uns betrogen! Die Satellites der
Tyrannen verließen den Boden der Freiheit. In der ersten Freude
über dieses unerwartete Ereignis unterließen die Neurepublikaner
ihre Verfolgung. Jedermann glaubte, daß sie ihre Waffen, wenig¬
stens eine Zeitlang, blos zur Vertheidigung ihrer gereinigten Gren¬
zen gebrauchen würden. Aber der allgewaltige Convent befahl —