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wohnte, welcher in diesen beiden Dörfern herrscht! Die Einwohner
verdienen gewiß, daß ihre in diesen Zeiten bei der außerordent¬
lichen Furcht, welche die Franzosen überall verbreitet haben, doppelt
ruhmwürdige That bekannt gemacht werde, und deswegen habe ich
Ihnen, mein Freund, solche nicht vorenthalten wollen.
Verschiedene Landgeistliche sind sehr hart mitgenommen worden.
Dem Pfarrer Rupp in Cölln ist mit seiner Familie in der Welt
nichts als die Hauskleider auf dem Leibe übrig geblieben. *)
Unser Freund Rheinhold in Duttweiler hat alle seine und seiner
Kinder Kleider und Weißzeug, was er nicht schon vorlängst aus
Vorsicht weggeschickt hatte, verloren. Die Stiefeln zogen sie ihm
von den Füßen, und er kann von Glück sagen, daß es ihm durch
die vermuthlich durch Angst vermehrte Anstrengung gelang seinen
Trauring vom Finger loszureißen, weil der Säbel schon gezogen
war, womit sie ihm den Finger abhauen wollten um den Ring
zu bekommen. Er mußte sich Schuhe bei einem Bauern lehnen
um nicht barfuß zu gehen.')Dies alles ist aber nicht im Stande
ihn aus seinem Gleichmuth zu schütteln oder seinen Humor in ein
Iani6nt080 herabzustimmen. Er wollte mit seiner Gemeinde ge¬
plündert werden, leben und sterben, was ihm auch die Preußen
sagen mochten um ihn zur Flucht zu bewegen, weil er glaubt,
daß es keine Kunst sei bei einer hinreichenden Besoldung in Ruhe
und Frieden bei seiner Gemeinde zu leben und solche, wenn sie
keines Trostes bedarf, zu trösten, aber im Jammer und Elend,
das nun in reichem Maaß über sie ausgegossen ist, glaubt er, daß
sie des Trostes und also der Gegenwart eines Trösters am meisten
bedürfe.
Dies scheint aber nicht aller Geistlichen Herren Glaube zu
sein. Mehrere haben wohlbedächtlich ihr Vermögen in Sicherheit
gebracht und ihre theuren Personen hintennach, unbekümmert, ob
ihre Schäflein vom Wolf oder von den Franzosen gefressen werden.
Ich muß dem General Lombard, welcher wegen seiner Blessur
nn der Hand nicht gut genug zu Fuß war um Antheil an der
*
halten.
') Er mußte mehrere Wochen lang den Gottesdienst im Schlafwams