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Befestigungen angenehm unterbrochen; das lebhafte, stets
wechselnde Treiben auf dem stolzen Rhein, das nie ruhende
Getriebe auf den Eisenbahnen, deren schlanke Brücken das
Bild noch verschönern; im Thale die türmende Stadt und ihr
gegenüber die starke Feste, dem Feind drohend und die zu
ihren Füssen liegende Stadt beschützend. Wer dieses Bild
bei glücklicher Beleuchtung im Schmucke der Natur betrach¬
tet, trägt einen Schatz schöner Erinnerungen heim, an dem
er sich in einsamen Stunden lange erquicken kann.
Coblenz liegt 61,50 m über der Nordsee. Das Klima
ist mild, und die Luft hat, da Thäler nach verschiedenen
Seiten sich öffnen, nichts von jener entnervenden Weichheit,
die ihr wohl in den in geschlossenen Thälern liegenden Städten
eigen ist. Zur Zeit hat Coblenz ungefähr 38,000 Einwohner,
einschliesslich 5000 Mann der Garnison. Die Stadt, ursprüng¬
lich nur an der Mosel gelegen, hat sich allmählich nach dem
Rhein hin vergrössert und wird sich, nachdem sie den Charakter
als Festung verlogen hat, und 1890 von der Landesvertei¬
digung die Schleifung der die Stadt einengenden Werke ge¬
stattet worden ist, zwischen Moselbahnhof, Mainzerthor
und Rhein noch weiter ausdehnen, wie die bereits abgesteckten
Strassen andeuten. Die neuen Stadtteile wetteifern in An¬
lage und Bauart der Häuser mit den schönsten Teilen der
grossen Städte, und werden, wenn der Plan vollständig be¬
baut sein wird, das Städtebild um vieles verschönern, was die
Coblenzer um so mehr wünschen, da die Altstadt wenig mit
der reizvollen Umgebung im Einklänge steht.
"""""Geschichte. Wie die meisten grösseren Orte am Rhein und
an der Mosel Ist der Ursprung Coblenz’ in römischer Zeit zu suchen.
Zur Befestigung der über die Mosel und weiter über die Karthanse
führenden Strasse (ad confluentes) legten die Römer — wahrscheinlich
an der Stelle des heutigen Marktes — eine Zollstation an, die später
als Castrum befestigt wurde. Von der römischen Pfahlbrücke über
die Mosel traten 1864 infolge des niedrigen Wasserstandes einige
Reste hervor. Die erste römische Ansiedlung, nach dem Zusammen¬
fluss von Mosel und Rhein Confluentes, auch Confluentia genannt,
wurde allmählich zu einer Stadt erweitert, doch nicht schon zur
Römerzeit; denn von einer Römerstadt sind keine Spuren aufgefunden
worden. Im Jahre 807 hielt Karl d. Gr. in Coblenz einen Gerichts¬
tag. Unter seinem Nachfolger Ludwig dem Frommen wurde 836 der
Bau des St. Castor-Münsters und der Castorkirche begonnen, die als
älteste und ehemals auch bedeutendste Kirche der Stadt in deren
Geschichte eine wichtige Rolle spielt. In dieser Kirche wohnten die
Söhne Ludwigs des Frommen dem Gottesdienste bei, als sie mit
Heeresmacht ihrem Bruder Lothar entgegenzogen. Hier fanden sie
sich 860 wieder zusammen, um ihre Erbstreitigkeiten endgültig bei¬
zulegen. In der Versammlung bedienten sich hier Ludwig der
Deutsche und Lothars Sohn zum ersten Male an Stelle des bis dahin
herrschenden Lateins der deutschen Bede und leisteten den Eid in
deutscher Sprache. Coblenz ward mit dem ganzen Erzstift Trier
Lothar zugeteilt und gehörte bis 921 zu Lothringen, in welchem
Jahre es wieder zu Deutschland kam. 1018 schenkte Kaiser Hein-