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welchem sie sich nach eingenommener Ladung ohne weitere
Hilfe „zu Thal1' vom Strome treiben lassen. Ihre Ladung
besteht meist aus Kalksteinen, aus den ergiebigen Brüchen
des luxemburgischen Städtchens Remich geholt, ferner aus
Eisen und Schlacken von der Gewerkschaft Quint bei Trier,
oder auch aus Wein. Im Jahre 1895 wurden 178 Kähne mit
insgesamt 501150 Centnern Tragfähigkeit stromaufwärts ge¬
zogen, von denen nur verschwindend wenige treidelten, d. h.
sich durch Menschen oder Pferde schleppen liessen; die bei
weitem grösste Anzahl beförderten die Moseldarapfer, Das
Treideln kommt, weil es zu zeitraubend ist, immer mehr ab.
Da die Fahrzeuge meistens vollbeladen thalwärts fahren,
kann man annehmen, dass etwa eine halbe Million Ceutner
durch dieselben im Jahreslauf auf der Mosel transportiert wurden.
Die Dampfer derMosel-Dampfschiftahrt-Actiengesellschaft,
welche in der Zeit ^om Oktober bis Mai hauptsächlich der
Schleppschiffahrt und "dem Güterverkehr dienen, widmen sich
während der Sommermonate in erster Linie dem Passagier¬
verkehr. Zu diesem Zweck sind sie mit hübschen geräumigen
Kajüten, guter Bewirtung und vorzüglichen Weinen ausgerüstet.
Die Schilfe befahren die 191 km lange Mosel-Strecke Coblenz-
Trier ([welche genau so laug ist wie der Rhein von Köln
bis Mainz]) in 2 Tagen, mit Übernachtung in Trar¬
bach, während umgekehrt die Reise von Trier nach
Coblenz in einem Tage zurückgelegt wird. Dieser grosse
Zeitunterschied wird verursacht durch die zahlreichen
Stromschnelien, Furten genannt, deren heftige, oft reissende
Strömungen die Vorwärtsbewegung des flussaufwärts treibenden
Schiffes in demselben Masse hemmen, wie sie den Lauf des
thalwärts eilenden Schiffes beschleunigen. Je nach dem herr¬
schenden Wasserstande ist die Stärke der Strömung in der
Mosel verschieden, da der Wasserstand häufigem Wechsel
unterworfen und im trockenen Hochsommer sehr niedrig ist.
Ein Dampfschiff kommt nun aber weit schneller vorwärts,
wenn es viel, als wenn es wenig Wassertiefe unter seinem
Boden hat. Aus diesen Gründen ist es auch nicht möglich,
für die lange Strecke von 191 km oder 26 geographische
Meilen die genaue Ankunftszeit der Schiffe an den einzelnen
Orten fahrplanmässig festzusetzeu. Die Gesellschaft hat sich
vielmehr gezwungen gesehen, nur die Abfahrtszeiten in den
Fahrplänen aufzunehmen, und zwar unter Belassuug eines
erfahruugsgemäss genügenden Spielraumes für die Ankunft
des Schiffes. Dementsprechend kommen auch häufig Yerfrüh-
ungen im Eintreffen derselben oder kleine Verspätungen vor.
Der Sitz der Direktion der Gesellschaft ist in Coblenz
bei der Anlegestelle ihrer Dampfer zwischen den Moselbrücken.