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kostbarste Kleinod landschaftlicher Schönheit im deutschen
Vaterlande; dem Fremden geht bei seinem Anblick das Herz
auf; er ist grossartig als Strom und als Verkehrsstrasse,
grossartig in seiner geschichtlichen Bedeutung. Aber die
Mosel verliert nichts neben der Schönheit des Rheins: ihre
Lieblichkeit entzückt auch den noch, der voll lauter Bewun¬
derung die herrlichen Rheinufer geschaut hat. Dort vornehme
Grösse und der lebhafte Betrieb eines mächtig flutenden Ver¬
kehrs mit allen modernen Einrichtungen, hier entzückende
Landschaften in idyllischer Stille und noch manches von der
Urwüchsigkeit bewahrend, die jedem wohl thut, der von dem
angreifenden Leben in den grossen Städten ausruhen und
sich an dem Anblick der reinen Natur erquicken und laben will.
Und wie leicht und bequem sind im Moselthale die
landschaftlichen Schönheiten aufzusuchen! Die von der
Natur seihst vorgezeichnete Strasse, der Flusslauf, wird von
Coblenz bis Trier von Dampfschiffen befahren, von deren
Verdeck man mühelos die reiche Natur des Thals gemessen
kann. Mit Ausnahme zweier Strecken—bei Kochern und
von Pünderich bis Quint — durchzieht auch die Mosel¬
bahn von Cohlenz bis Metz das Thal, die Reize desselben
durch Brücken, Viadukte und Tunnels um vieles erhöhend,
wenn freilich auch die Eindrücke vom Bisenbahnzuge aus
infolge ihrer Flüchtigkeit nicht denen gleichkommen, die die
Fahrt auf dem Flusse gewährt. Eine streckenweise Benutzung
des Dampfschiffes ist daher neben der Bahnfahrt vielfach
beliebt. Den vollen Genuss bietet erst die Wanderung an
dem schönen Ufer entlang, auf der durch die prächtigen
Nussbäume oder Obsthaine beschatteten Strasse. Hier kann
der Wanderer nach Belieben bei dem Anblick eines ent¬
zückenden Bildes verweilen, kann rechts oder links den hohen
Uferrand erklimmen, um einen umfassenden Eindruck der
Umgebung zu gewinnen; er kann dem Zuge nachgeben und
eins der lauschigen Seitenthäler hinaufwandern. Er ist allein
in der Lage, den Moselanern näher zu treten und sich ihres
gemütlichen und heitern Sinnes zu erfreuen. Wer in den
oft reizend gelegenen, anmutigen Lauben oder Vorgärten der
einladenden Wirtshäuser von der Wanderung ausruht, und,
den grünlichen Strom zu den Füssen und das herrliche Ge¬
lände gegenüber, den duftenden Moselwein schlürft und das
rührige einfache Leben der Thalbewohner beobachtet, der
weiss das Moseithal erst zu würdigen, der ist auch geneigt,
in den an den schönsten Punkten gelegenen, wohl einge¬
richteten Gasthäusern und Pensionen zur Sommerfrische
Tage und Wochen zu verweilen. Die Schönheit und die Ruhe
des Thaies wird ihm ebenso angenehm sein, wie die mässigen